Mainframe-Geschäft soll sich 1987 nicht mehr erholen:

Wall Street sieht IBM-Gewinn abwärts driften

11.09.1987

MÜNCHEN (CW) - Selbst die seit jeher IBM-freundlichen New Yorker Börsenpropheten sind neuerdings sehr skeptisch, was die Gewinnaussichten des Konzerns für die nächste Zeit anbetrifft. Allesamt korrigierten sie ihre Prognosen nach unten, denn die Einnahmen der IBM-Corp. aus dem Mainframe-Geschäft werden heuer zurückgehen.

"Eine kurze und schmerzlose Korrektur", kommentierte das Wall-Street-Haus Nomura International Securities, als der weltweit meistbeachtete Börsenindex "Dow-Jones Industrial Average" (DJIA) am 26. August auf die 2700-Marke zurückfiel. Nomura sollte sich irren: Der allgemeine Kursrutsch setzte sich fort. Die kaufwütigen "Bulls" hielten inne in ihrem Dauerlauf; die zaudernden "Bears" übernahmen das Kommando an der New York Stock Exchange. Der DJIA, der sich aus der Nachfrage nach 30 führenden Industriewerten berechnet, sackte auf unter 2600.

Einflußreicher Analyst erwartet 3090-Rückgang

Nach Ansicht verschiedener Analysten ist die IBM an der Baisse-Stimmung schuld. Big Blue gilt nämlich unter Dow-Jones' "Blue Chip Companies", die die Börsenentwicklung in erster Linie beeinflussen, neben Exxon und General Motors als das wichtigste Unternehmen: IBM ist die Leitaktie. Da der Kurs der IBM-Aktie binnen 48 Stunden um 6 3/4 Dollar binnen zehn Tagen um insgesamt 13 Dollar auf 161 5/8 nachgab, tendiert die ganze Börse schwach.

Der Schwächeanfall der IBM-Aktie hatte eingesetzt, nachdem der einflußreiche William Easterbrook von Kidder, Peabody & Co. Big Blue von seiner Empfehlungsliste gestrichen hatte; prompt verkauften zahlreiche Anleger ihre IBM-Anteilsscheine. Der in puncto IBM eher als Optimist angesehene Easterbrook hatte sich in die bisher vorliegenden Zahlen über den 1987er Mainframe-Absatz des Konzerns gekniet und das Ergebnis für "äußerst mager" befunden. Ein Rückgang gegenüber 1986 sei wahrscheinlich .

Deshalb korrigierte der Analyst seine Gewinnschätzung für dieses Jahr von bisher 9,10 auf 8,70 Dollar pro Aktie; im Geschäftsjahr 1984 hatte das Unternehmen noch 10,77 Dollar ausgewiesen. Die Abwärtsbewegung zeigt sich noch deutlicher,

wenn man berücksichtigt, daß die Zahl der umlaufenden Aktien infolge mehrerer Rückkaufaktionen seit einiger Zeit abnimmt.

Wie Easterbrook veröffentlichte auch Marc Schulman von Salomon Brothers Inc., einer der wichtigsten Investmentbanken der IBM, eine neue Profitvorhersage, die wenig erfreulich für Mother Blue war. Zwar liegt seine 1987er Schätzung um zehn Cent über der seines Kollegen, doch dafür zog er bei der Prognose für 1988 gleich 85 Cent ab. Schulman behauptet nun, auf jede IBM-Aktie würden im kommenden Jahr elf Dollar Gewinn entfallen. Easterbrook, der ohnehin nur mit 10,50 Dollar gerechnet hatte, korrigierte seine Kalkulation auf 10,30 Dollar. Noch niedriger liegt die Prognose der Gartner Securities Corp.: 10,25 Dollar für 1988.

Wie sich der nach Analystenmeinung stagnierende Absatz der IBM-Mainframes in der zweiten Hälfte dieses Jahres tatsächlich entwickeln wird, hat die amerikanische Marktforschungs- und Beratungsgesellschaft IDC in einer Anwenderbefragung zu ergründen versucht. Von 500 US-Konzernen, die IBM-Systeme von der 3081 an aufwärts einsetzen, hätte der Marktführer demnach Aufträge bekommen oder bis Dezember zu erwarten über:

208 Stück 3090- 120E, 186 Stück 150E (nach Umfrage vom Dezember 1986 waren für das stets schwächere 1. Halbjahr 51 Installationen geplant), 66 (21) Stück 180E, 140 (101) Stück 200E, 12 Stück 300E, 49 (42) Stück 400E und 15 Stück 600E. An der Anschaffung von 9370-Abteilungsrechnern zeigten sich 17 (19) Unternehmen interessiert, wobei aber die in Frage kommende Stückzahl von insgesamt 2588 um 42 Prozent auf 1495 sank.

Ob die im letzten Dezember geplanten Investitionen auch tatsächlich durchgeführt wurden, hat IDC nicht ermittelt.