Alternative zur IT

Von Open Source und Bienen

02.02.2009
Von 


Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
14 Jahre arbeitete Walter Haefeker als IT-Manager im Silicon Valley. Dann änderte er sein Leben radikal und wurde Imker und Umweltschützer.

CW: Warum haben Sie umgesattelt?

Haefeker: Meine Arbeit im Valley hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, und ich konnte vielfältige Erfahrungen sammeln. Doch ich setze mir auch Ziele. Sind sie erreicht, will ich wieder frei für Neues sein. 2000 kam ich an diesen Punkt und musste zudem entscheiden, ob ich mit meiner Familie auf Dauer in den USA bleiben wollte. Wir gingen zurück nach Bayern. Ich wollte dort eine neue Existenz jenseits der Hightech-Welt aufbauen, kaufte ein Stück Wald, fand beim Stöbern nach alten landwirtschaftlichen Geräten auf Ebay meine ersten Bienenkörbe und entdecke bald darauf meine Liebe zur Imkerei. Heute habe ich hundert Bienenvölker.

Patente wie in der IT-Industrie

CW: Sie kämpfen mittlerweile als Präsident des Europäischen Berufsimkerverbands gegen gentechnisch modifiziertes Saatgut, das von Bienen verbreitet werden kann. Dabei sehen Sie Parallelen zu Softwarepatenten. Die da wären?

Haefeker: Die Agro-Gentechnik hatte zunächst das Problem, dass der existierende Vertriebskanal keinen Vorteil in den neuen Produkten erkennen konnte. Chemieriesen wie Monsanto, Bayer, BASF, Syngenta kauften daher weltweit traditionelle Saatgutfirmen auf. Da gentechnisch modifiziertes Saatgut zudem patentierbar ist, verwandelten sie das traditionelle Geschäft mit Saatgut in ein Lizenzgeschäft mit einer langfristigen (unfreiwilligen) Bindung ihrer Kunden.

Walter Haefeker denkt noch gern an das Silicon Valley zurück.
Walter Haefeker denkt noch gern an das Silicon Valley zurück.

Doch damit nicht genug: Stellen Sie sich vor, ein Softwarehersteller würde seinen patentierten Code über einen Virus auf Computern auf der ganzen Welt platzieren und die Besitzer der infizierten PCs dann auf Zahlung von Lizenzgebühren verklagen. Klingt absurd. Aber genau dies ist Landwirten in Nordamerika bei der Einführung von gentechnisch veränderten Pflanzen passiert. Die Auskreuzung von patentierten Genen durch Wind und Bienen ermöglichte eine ganz neue Dimension von viralem Marketing. Der US Bundesstaat Kalifornien hat im letzten Jahr sogar ein Gesetz erlassen, um die Klagewelle gegen Landwirte einzudämmen. In den USA ist eine "Open-Source"-Landwirtschaft mit frei verfügbarem Saatgut nicht mehr möglich.

CW: Und bei uns?

Haefeker: In Europa haben wir diese Entwicklung bisher weitgehend verhindern können. Wie freier Software so droht aber auch hierzulande der freien Landwirtschaft Gefahr durch die geplante Harmonisierung des Europäischen und Amerikanischen Patentrechts.

Lebensqualität

CW: Was raten Sie Menschen, die über einen Ausstieg nachdenken?

Haefeker: Bei jeder Entscheidung sollte man sich überlegen, ob sie neue Möglichkeiten eröffnet oder verschließt. Manchmal ist dabei die Lebensqualität wichtiger als der materielle Vorteil.

CW: Vermissen Sie manchmal die IT-Welt und Kalifornien?

Haefeker: Natürlich. Zum einen berate ich immer noch gerne Startups. Zum anderen sind damals viele Kontakte und Freundschaften entstanden, die ich nicht missen möchte.