M+S Elektronik stellt sich neu auf

Vom Client- zum Server-Dienstleister

30.03.2001
MÜNCHEN (jha) - Die M+S Elektronik AG bricht zu neuen Ufern auf. Bis spätestens im Jahr 2006 will sich das mit PC-Verkauf und -Dienstleistungen groß gewordene Haus zu einem Anbieter von Highend-Services für Unternehmenskunden wandeln.

"Wir wollen in den nächsten drei bis fünf Jahren zu einem führenden, hoffentlich sogar zu dem führenden bundesweit und international agierenden Dienstleister werden", gibt Bernd Puschendorf, als Mitglied des Vorstandes für das operationale Geschäft zuständig, die Losung an seine Mitarbeiter aus. Doch damit nicht genung: "M+S will der profitabelste Anbieter von IT- und Kommunikationsservices werden." Eine konkrete Zahl besteht für dieses Vorhaben auch - Puschendorf strebt eine Rendite von zehn Prozent an. Bislang bescheidet sich das Unternehmen mit lediglich zwei oder drei Prozent Rendite, und das ist "schlicht und einfach zu wenig", so der M+S-Manager.

Bislang stark Client-lastigDamit wäre auch geklärt, wo der Schuh drückt. Der magere Gewinnanteil wurde zum Problem, weil das Unternehmen seit Februar letzten Jahres an der Börse notiert ist. Investoren mögen keine schmalen Renditen, doch das hart umkämpfte PC-Geschäft gibt nicht mehr her. Daher schickten die Aktienhändler M+S auf eine Berg- und Talfahrt. Für einen Emissionspreis von 16 Euro wurde das Papier an den Neuen Markt gebracht, erreichte zwischenzeitlich die Höchstmarke von 21 Euro und dümpelt derzeit bei weniger als sechs Euro. Die Unzufriedenheit der Anleger vor Auge strebt M+S nun in neue Sphären:

Bislang erwirtschaftete das Unternehmen knapp drei Viertel seines rund eine Milliarde Mark umfassenden Umsatzes mit dem Client-Geschäft, sprich dem Verkauf von PCs samt Peripheriegeräten. Dieser Anteil soll sich im kommenden Jahr auf 35 Prozent verringern. Damit verliert der Client-Bereich auch seinen Status als strategisches Tätigkeitsfeld. Zuwachs strebt das Unternehmen in den Bereichen IT-Lösungen (E-Procurement, Outsourcing in allen Facetten, Beratungsleistungen), Netzwerkdienste sowie Server- und Storage-Verkauf und -Services an (siehe Grafik).

Auf dem Weg dorthin müssen einige Unternehmenteile Federn lassen. So wird der 1998 übernommene PC-Hersteller DRV GmbH in die M+S EDV Service GmbH&Co. KG eingegliedert werden. Obwohl die DRV mit der Deutschen Bahn AG einen großen und regelmäßigen Abnehmer hat, "gehört das PC-Assembly nicht mehr zu unserem Kerngeschäft", so Puschendorf. Schlanker wird M+S auch im Distributionsgeschäft.

Akquisition im Server-Bereich angestrebtDie Tochter Mainstor, ein Distributor für Speicherlösungen, wird mehr oder weniger aufgelöst. Die Vertriebsmitarbeiter übernimmt zum 1. Mai dieses Jahres der zweite Distributor unter dem M+S-Dach, Syscotec. Im Rahmen eines Management-Buyouts soll die derzeit 100-prozentige Beteiligung an Syscotec auf unter 50 Prozent gedrückt werden. Erforderlich sind dieses Schritte, weil sich die Distributoren nicht mehr in das vom M+S-Vorstand angestrebte Erscheinungsbild einfügen, denn - und das ist anscheinend neu - "wir sind jetzt auf Endkunden ausgerichtet", erläutert Puschendorf.

Die Kundenorientierung gehörte offenbar bislang nicht unbedingt zu den Stärken des Unternehmens. Joseph Reger, seit Anfang des Jahres bei M+S für die Unternehmensstrategie und den Bereich E-Business zuständig, formuliert vorsichtig: "In der Vergangenheit war das Unternehmen stark partnerkorreliert." Puschendorf ergänzt: "IBM, HP und Compaq sind uns lieb, die Kunden sind uns lieber." Diese Botschaft müssen auch die mittlerweile knapp 2000 Mitarbeiter verinnerlichen, denn sie sollen künftig hochwertige IT-Dienstleistungen erbringen.

Hoffungsträger E-ProcurementSo will M+S etwa im Server-Geschäft ein gewichtiges Wörtchen mitreden, und zwar nicht nur beim Verkauf, sondern auch bei ergänzenden Services. Obwohl das Unternehmen in der Vergangenheit im Unix-Markt kaum präsent war, sieht Reger M+S dort sehr gut positioniert. Verantwortlich dafür zeichnet die Profi Engineering Systems GmbH, die 1999 übernommen wurde und laut Reger Europas größter IBM-Partner im Unix-Umfeld ist. Aus eigener Kraft zog man zudem zwei Competence-Zentren für HP- und Sun-Lösungen auf. Ergänzend soll in dem Server- und Storage-Bereich noch eine Akquisition getätigt werden.

Im E-Business-Servicegeschäft ist M+S bislang ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Auf der Habenseite steht lediglich die Teilnahme an den Marktplätzen der Dresdner und der Deutschen Bank. Hoffnungen auf Ertrag im E-Business-Geschäft verknüpft das M+S-Management mit einer knapp 20-prozentigen Beteiligung an dem E-Procurement-Spezialisten YIC AG, Braunschweig. Deren Software nutzt das Unternehmen im eigenen Haus, nun will man mit Implementierungsdiensten für die Web-basierte Software auch Kunden ansprechen. Alles andere als eine Macht ist M+S bislang im Netzwerkgeschäft. Der Einstieg in diesen Markt wurde bereits im Mai letzten Jahres mit der Übernahme der RDN GmbH vollzogen. RDN beschäftigte zum Zeitpunkt der Akquisition rund 50 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Umsatz von zwölf Millionen Mark. Größe strebt das M+S-Management in diesem Bereich durch eine Akquisition an.

60 Millionen Mark in der KasseDas für die angestrebten Übernahmen erforderliche Geld ist noch aus dem Börsengang vorhanden. Etwa 60 Millionen Mark stehen dem Unternehmen zur Verfügung. Damit lassen sich keine großen Sprünge machen, Puschendorf strebt daher kleinere Akquisitionen an. In die Reihe der ganz großen IT-Dienstleister dürfte diese Summe allein M+S nicht katapultieren. Zwar macht das M+S-Management geltend, dass das Unternehmen bereits in allen künftigen strategischen Servicebranchen über Know-how verfügt, doch das Niedernberger Haus ist bis dato zunächst als Lieferant für Client-Geräte, also als Boxenschieber, bekannt. Bisherige Erfahrungen im Dienstleistungssektor wurden vornehmlich im Reperaturservice gesammelt, mit der Wandlung zum Highend-Serviceanbieter betritt M+S also Neuland. Zugute muss man dem Unternehmen halten, dass es von einer relativ gesunden finanziellen Basis zu neuen Ufern aufbricht. In maximal fünf Jahren will M+S das Ziel erreichen. "Einen Weg zurück", so Puschendorf, "gibt es nicht."

Abb.1: Die M+S AG - heute und morgen

Das Client-Geschäft verliert seine Bedeutung. Strategische Tätigkeitsfelder für M+S sind künftig die anderen drei Bereiche. Quelle: M+S Unternehmensgruppe

Abb.2: Umsatz- und Mitarbeiterzahlen

Zwar verzeichnet M+S stetiges Wachstum bei der Mitarbeiterzahl und dem Umsatz, doch die Rendite liegt zur Unzufriedenheit der Anleger nur bei rund zwei Prozent. Quelle: M+S Unternehmensgruppe