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ICANN-Pläne

USA wollen Macht über den Cyberspace teilen

29.09.2009

Vormund USA

Die USA behielten aber stets das letzte Wort. Dafür sorgen zwei Verträge: Das im Oktober auslaufende "Joint Project Agreement" (JPA) verpflichtet die ICANN, dem Handelsministerium regelmäßig über Entscheidungen zu berichten. "Damit hat die Regierung eine Vormundschaftsrolle", sagt Wolfgang Kleinwächter. Über ein bis 2011 gültiges Abkommen sichern sich die USA zudem die Kontrolle über die Root Server - jene Rechner, die den gesamten Datenverkehr steuern. Damit könnten sie theoretisch ganze Länder vom Netz abklemmen.

Die Machtspiele laufen indes viel subtiler. So intervenierte die katholische Rechte im US-Kongress, als ein Unternehmen die Endung ".xxx" für Pornos beantragte. "Die Lobbyisten haben ihren Einfluss in Washington genutzt, und Washington hat seinen Einfluss bei der ICANN genutzt", sagt die ICANN-Expertin Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Der Rotlichtbezirk fürs Internet scheiterte.

Andere Länder fordern seit Jahren ein Ende der US-Dominanz. China etwa will eine Art Internet-UNO einrichten, während die EU auf eine komplett privatisierte Organisation setzt, in der Regierungen nur eine beratende Funktion haben.

Während die Bush-Regierung unnachgiebig war, könnten die Zeiten der Alleingänge unter Obama vorbei sein. Er plant laut einem Bericht des britischen Magazins "Economist", die Aufgaben der ICANN auf vier Gremien zu verteilen - sogenannte Oversight panels. Diese sollen sich um die Vergabe von Top Level Domains wie ".net" und ".com" genauso kümmern wie um die Stabilität des Netzwerks. In allen Gruppen säßen Vertreter anderer Regierungen, schreibt das Magazin.

Viele Details sind noch nicht bekannt, aber die ICANN-Expertin Jeanette Hofmann ist dennoch vorsichtig optimistisch: "Das neue Regime ist multilateral ausgerichtet", sagt die Politologin vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Trotzdem glaubt sie nicht, dass Obama das Gremium komplett öffnet: "Die Kontrolle über die Root-Server werden sich die Amerikaner so schnell nicht entreißen lassen." (dpa/ajf)