Ein Consultant zu IPv6 in der Praxis

Unternehmen hinken hinterher

25.01.2011
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Wie verhalten sich die deutschen Anwender in Sachen IPv6, und was sollten sie wissen? Darüber diskutierte Steffen Jansen, Senior Instructor und Consultant bei Fastlane, mit CW-Redakteur Jürgen Hill.

CW: Die letzten IPv4-Blöcke werden demnächst zugeteilt. Bemerken Sie eine gestiegene Nachfrage nach IPv6-Schulungen?

Steffen Jansen, Senior Instructor und Consultant bei Fastlane
Steffen Jansen, Senior Instructor und Consultant bei Fastlane
Foto: Fastlane

JANSEN: Interessanterweise nicht wirklich. Wir haben bei Fastlane seit Jahren eine recht konstante Nachfrage seitens der Unternehmen. Viele Entscheider sehen IPv6 leider immer noch nicht als Basis ihres zukünftigen Netzes beziehungsweise setzen andere Schulungsprioritäten. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zurückhaltung innerhalb der nächsten 18 Monate in ihr Gegenteil wandeln wird. Der Nachholbedarf an IPv6-Wissen ist riesig.

CW: Wo sehen Sie bei deutschen Anwendern die größten IPv6-Wissenslücken?

JANSEN: Es bestehen zunächst einmal grundsätzliche Schwierigkeiten in der Einschätzung der Bedeutung von IPv6 - zum einen, was das Netzwerk der Zukunft anbetrift, zum anderen mit Bezug auf die Sinnhaftigkeit und die Rechtfertigung des neuen Internet Protocol.

Ferner existiert relativ viel Halbwissen, genährt durch so manche euphorische Heilsversprechungen aus den 90er Jahren, die irgendwann bei den meisten zu einer Art Abstumpfung gegenüber dem Protokoll geführt haben. Das drückt sich dann entweder durch eine innere Ablehnung gegenüber IPv6 aus ("Kommt nie, braucht keiner!") oder aber in einem Verharren bei längst veraltetem Wissen ("Sind halt mehr Adressen, aber die werden irgendwann auch nicht mehr reichen").

CW: Wie ist Ihr Eindruck: Haben deutsche Unternehmen schon konkrete Migrationspläne, oder warten sie noch ab?

JANSEN: Die Unternehmen, die ihre Mitarbeiter zu uns schicken beziehungsweise mit denen wir in IPv6-Projekten zusammenarbeiten, haben IPv6 entweder bereits in der Planung, befinden sich in einer Migration oder nutzen IPv6 produktiv. Aber wie gesagt, diese Gruppe ist eben - noch - in der Minderheit. Des Weiteren sind alle Service-Provider und interessanterweise auch die Behörden längst in Planung, Migration und Umsetzung aktiv. Die Unternehmen hinken eindeutig hinterher.