Betriebsrat

Ulmer Nokia-Beschäftigte hoffen auf Hilfe der Politik

18.06.2012
Die 730 Nokia-Mitarbeiter in Ulm wollen die Schließung ihres Standorts nicht kampflos hinnehmen.

Betriebsratschef Heiner Mosbacher sagte am Freitag, er hoffe, dass sich die Politik einschalten werde. Der Standort für Forschung und Entwicklung soll nach Angaben des kriselnden Unternehmens Ende September 2012 schließen.

Die Ankündigung habe die Beschäftigten völlig überrascht, sagte Mosbacher. "Ulm ist ein sehr motivierter und leistungsfähiger Standort." Die Entscheidung sei auch völlig unverständlich, weil es in den vergangenen eineinhalb Jahren 250 Neueinstellungen in Ulm gegeben habe. Von Nokia gebe es bislang kein Angebot, die betroffenen Mitarbeiter an anderen Stellen im Konzern weiterzubeschäftigen.

Nokia hatte am Donnerstag den Abbau von weltweit 10.000 Arbeitsplätzen bis Ende 2013 angekündigt - das ist jeder fünfte Job im Mobilfunkbereich. Der einstige Handy-Weltmarktführer will sich auf Kernbereiche wie Smartphones der Marke Lumia, digitale Fotografie und mobile Navigation konzentrieren.

Die Rating-Agentur Moody's stufte Nokia nach Vorstellung des Sanierungsplans auf Ramsch-Niveau zurück. Die Ankündigungen offenbarten einen stärkeren Druck auf die Ergebnisse und höhere Kosten als bisher angenommen, erklärte Nokia-Experte Wolfgang Draack am Freitag. Deswegen wurde das Rating auf "Ba1" gesenkt. Angesichts der Bewertung muss das Unternehmen nun damit rechnen, dass es Kredite künftig nur noch gegen spürbar höhere Zinsen erhält. Moody's erwartet eine weitere Umstrukturierung, wenn sich die Umsatzentwicklung nicht bald stabilisiert.

Ein Termin für Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung über die Abwicklung des Standorts stehe noch nicht fest, sagte Betriebsratschef Mosbacher. In Ulm arbeiten vorwiegend Ingenieure. Die Beschäftigten sind im Durchschnitt 38 Jahre alt und gehören 38 Nationalitäten an. Der Betriebsrat kann sich vorstellen, dass eventuell ein Investor den Standort übernimmt.

Gewerkschaftsfunktionärin Petra Wassermann von der IG Metall verwies darauf, dass der Arbeitsmarkt in Ulm in den vergangenen Wochen einige Rückschläge verkraften musste - beispielsweise die Pleite der Drogeriekette Schlecker, den Arbeitsplatzabbau bei EvoBus und die geplante Verlagerung der Lastwagenproduktion bei der Fiat-Tochter Iveco Magirus.

Deutschland bleibe für Nokia ein wichtiger Standort, hatte Konzernchef Stephen Elop am Donnerstag betont. Er hob vor allem das Zentrum für ortsbezogene Dienste in Berlin hervor. In Ulm aber arbeiteten die Mitarbeiter an Projekten, die Nokia nicht mehr fortführen werde. (dpa/tc)