Anwenderbericht: Wilhelm Bleyle KG, Stuttgart:

Über System 32 "MAS"los - enttäuscht

04.06.1976

Anwendererfahrungen mit dem System 32 konnte man bisher nur den IBM - Anzeigen in der Tages- und Fachpresse entnehmen: Durchwegs positive, versteht sich. Daß nicht alle Benutzer voll zufrieden sind, zeigt das Beispiel der Wilhelm Bleyle KG, Stuttgart. Dort wurde vor kurzem in einem Zweigwerk ein IBM - System 32 installiert, das die gesamte Abrechnung von der Auftragserfassung über die Auftragsbearbeitung bis hin zur Buchhaltung vor Ort übernehmen sollte. Im zentralen Bleyle - Rechenzentrum steht eine 370/135.

"Das System 32 entspricht nicht den Anforderungen, die wir bei seiner Anmietung ohne ausreichende Kenntnis der Leistungsfähigkeit, insbesondere des modularen Anwendungsprogramms MAS gestellt hatten", berichtet Franz - Karl Hecker, Leiter EDV/Org. der Wilhelm Bleyle KG. Er habe das System nur in Verbindung mit MAS und den Möglichkeiten, die es bieten sollte, bestellt. Erst nach Abschluß des Vertrags bekamen die Bleyle - Leute sämtliche MAS - Unterlagen, als man dann in die Details einstieg, zeigte sich sehr schnell, daß IBM's vielgepriesenes Programmpaket für die Belange des Hauses Bleyle völlig unzureichend war. Dazu Hecker: Reine Konfektion, bei der gerade unsere Zwischengröße übersehen wurde. Man ist gezwungen, sich entweder in einen zu engen Anzug hineinzuzwängen, oder mit ,schlotternden' Hosen herumzulaufen. Aber gerade das wollten wir nicht - wir wollten den Maßanzug."

Anti - Mittelstands - Politik

MAS decke nur die primitivsten Dinge ab: "IBM geht wohl von der Philosophie aus, daß eine Software für mittelständische Betriebe geliefert wird, die dann gefälligst auch ihre interne Organisation dem Paket anzupassen haben." Auch Nixdorf verfolge bis zu einem gewissen Grad diese Produktpolitik: Kleine Unternehmen werden gezwungen, nach einem festen Schema zu arbeiten, zumal, wenn sie keine eigenen organisatorischen Vorstellungen hätten. Aus der Sicht der Hersteller sei das zwar einzusehen, aber wenn man die Bleyle -Abrechtigungsmodalitäten berücksichtigen müsse, dann gelte das eben nicht mehr. Der Bleyle - EDV - Chef: "Wir haben MAS an Hand von Entscheidungstabellen geprüft, die Grundlage für die Programmierung sein sollten. Die ersten zwei Fragen haben wir beantwortet, sind aber bereits bei der dritten ins Schleudern gekommen."

Daraufhin wurde das MAS - Handbuch zugeklappt und Hecker war drauf und dran, das System abzumieten. Bis er die RPG II - Verträglichkeit bemerkte.

System 3 - Verträglichkeit

In der IBM - Geschäftsstelle Reutlingen existiert nämlich ein Textil - Programm ABC für das System 3 und zwar in sechs oder sieben Versionen. Hecker hat alle geprüft und wird eine davon übernehmen. Bleyle produziert nicht auftragsbezogen, sondern auf Lager - das erzwingt gewisse Änderungen von der Logik her, so daß Eingriffe in das Programm vorgenommen werden müssen. Außerdem enthalten die Programme keine Exportfakturierung und Zollparaphierung - das muß zusätzlich programmiert werden. Im Buchhaltungsprogramm, das von einer befreundeten Firma übernommen werden soll, müssen die Buchungssätze in zwei Währungen (D - Mark und Fremdwährung) geführt werden. Auch das muß nachträglich eingebaut werden.

Auf jeden Fall reinrassig?

Hecker resümiert: "Als wir uns für das System 32 entschieden, standen wir sehr unter Zeitdruck. Auf der anderen Seite wollten wir herstellerkonsequent sein." Und weiter: "Wir tragen uns mit dem Gedanken, später an unserem Zentralcomputer 370/135 einen Remote - Job - Entry - Betrieb zu unterhalten. Da bietet es sich natürlich an, die Anlagen des gleichen Herstellers zu nehmen, allein schon wegen der Schnittstellen."