Transferprogramme im Vergleichstest

Transferprogramme überwinden unterschiedliche Diskformate

20.07.1990

Unterschiedliche Diskettenformate bei Laptops und PCs müssen keine Kopfschmerzen verursachen. Es gibt Programme, die alles und jedes überallhin in jedes Format transferieren - schnell und ohne Datenverlust.

Dank der Entscheidung der IBM die PS/2-Modelle mit 3?-Zoll Floppies auszustatten, hat sich dieses Format als Alternativ-Standard zu 5? Zoll schnell durchgesetzt. Aber schon begegnen uns neue Formate. Zenith etwa stattet seinen Minisport-Laptop mit 2-Zoll-Laufwerken aus.

Der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Formaten unterschiedlicher Kapazität läßt sich mit Transferprogrammen entweder per serieller oder paralleler Schnittstelle leicht durchführen oder der Hersteller nimmt die Software im ROM des Rechners auf und liefert gleich den entsprechenden Kabel- und Programmsatz mit (etwa "Fastlynx" bei Zenith und "Laplink" bei NEC, Laplink gibt es zudem in Sonderausführungen für nicht-kompatible Taschennotizbücher wie die von Sharp oder Macintosh).

Das Programm "Fileshuttle" imitierte in früheren Versionen bis ins Detail den großen Bruder, den "Nasa-Shuttle". Der Anwender mußte - nomen est omen - vor dem Start mit den unlogisch belegten Funktionstasten jonglieren, die Ladung packen, den Shuttle trimmen (serieller oder paralleler Port) auf die Freigabe vom Tower warten und dergleichen Mätzchen mehr. Die spielverliebten Programierer hatten bis hin zur Widmung für die Challenger-Crew nichts vergessen, was zur Belustigung beitragen mag.

In der neuesten Version 4.1 ist der Spielmodus (Shuttle-Modus) nur einer von vier Einstellungen, die sich über die < Alt >-Taste aktivieren lassen. Die übrigen drei bieten die englische, französische und deutsche Ausgabe des Shuttles an. Ein weiterer wichtiger Entscheidungspunkt für den Einsatz des Shuttles ist der Rocket-Socket, ein faustkeilgroßer Konverter für den parallelen Port. Ein serielles Kabel oder andere Gepäckbelastungen werden nicht mitgeliefert. Obwohl eindeutig auf den parallelen Transfer ausgerichtet, kann Fileshuttle auch über den seriellen Port mit der bekannten Geschwindigkeit von

115 200 Baud übertragen.

Als einziges Programm läßt sich Fileshuttle auch mit den inkompatiblen parallelen Anschlüssen der Datavue-, Snap- und Spark-Laptops oder dem 386er-Quadboard von Interquadram bedienen. Von der Batch-Verarbeitung über einen Makrorecorder bis hin zu allen denkbaren Aus- und Einschlußoptionen präsentiert sich das Programm als umfassende Transfer-Utility. Nur die Möglichkeit der beidseitigen Einsichtnahme in die Verzeichnisse der beteiligten Computer fehlt. Das Bedienen entfernter Geräte am anderen Computer ist ebenfalls nicht Sache des Shuttles und dürfte auch in der Praxis selten vorkommen. Für die Reise gibt es einen DlN-A4-Faltzettel als Bedienungsanleitung und das englische 16-Seiten-Handbuch.

"Brooklyn Bridge" ist das älteste Transferprogramm der DOS-Welt. Es hat im Laufe der Jahre viele Mauserungen durchlaufen. Die Amerikaner koppelten die serielle Version von der parallelen ab und verkaufen sie separat. Die parallele Version arbeitet allerdings umstandslos mit der seriellen. Bislang liegt das Programm allein in Englisch vor. Die Benutzeroberfläche ist mit ihrer stellenweise willkürlichen Funktionstastenbelegung renovierungsbedürftig. Dies gilt besonders für das zentrale Programm, "Filer" genannt. Der Filer ist im Grunde eine Benutzeroberfläche Ó la Lotus, von der aus sich beide PCs steuern lassen.

Manche Menüpunkte, wie etwa das Kopieren ganzer Platten, sind nur über Umwege zu erreichen, einige erklärt das umfassende Handbuch nur unvollständig. So etwa die Möglichkeit, gearcte (.ARC) und gezippte (.ZIP) Dateien einzusehen, ehe sie transferiert werden. Der Anwender kann neben der Einrichtung von Batches eigene Programme in das Filer-Menü einbauen. Der Filer läßt sich übrigens - genau wie einige aus der Unix-Ecke kommenden Utilities (BK, MV, RM...) - unabhängig von der Bridge verwenden.

Brooklyn Bridge scheiterte an der Aufgabe, eine volle 720-KB-Diskette auf 360 KB zu transferieren. Abgesehen von der wenig hilfreichen "Disk-Error" -Meldung bei voller Diskette gelang es dem Programm nicht, die Datei erneut zu kopieren, die bei Auftreten des "Fehlers" auf der Transferordnung stand. Insgesamt stellt Brooklyn Bridge ein vollständiges Paket da, allerdings ohne die Option eines seriellen Anschlusses. Die Entwickler dachten sogar an so nützliche Hilfen wie die Zeitsynchronisation zwischen beiden Computern .

Auch "Laplink" bietet nicht nur für DOS- sondern auch Apple-Rechner Datentransfer. Laplink Mac ist mein Standardprogramm für den Datenaustausch mit dem Macintosh. Über die Jahre hinweg hat sich Traveling Software mit vielen guten Hilfsprogrammen eine exzellente Reputation aufgebaut.

Laplink kann man wie Brooklyn Bridge als Vielzweckmesser bezeichnen mit einer Unmenge an Einstellmöglichkeiten für alle denkbaren Situationen. Mit der scrollenden Menüleiste am unteren Bildschirmrand geht stellenweise die Übersicht über die Programmpunkte verloren.

DOS-Versionen müssen identisch sein

Doch damit nicht genug: Neben dem eigentlichen umfangreichen Transferprogramm findet sich auf der Diskette ein Programm namens DD (Double Directory), mit dem ein Computer als "Sklave" des anderen in den Dämmerzustand geschickt wird. Vom Master aus können alle Laufwerke und die Peripherie benutzt werden. Über den Befehl CTTY COM1 installiert sich Laplink auf dem Partner-PC ganz von selbst und ohne Disketten. Im Test gelang dies allerdings nicht mit DOS 3.2/3.3 hin zu DOS 4.0/4.01 auf beiden Rechnern. Die DOS-Versionen müssen also identisch sein.

An einem dreiadrigen Kabel sind die beiden Standardformen des seriellen Anschlusses und ein paralleles Kabel untergebracht. Allerdings ist die neue Spezialanfertigung nicht mehr wie die alte für den Akustik-koppler geeignet, weswegen insgesamt mehr Kabel mit auf die Reise gehen, als es Traveling Software vielleicht plante.

Laplink ist nicht nur in der Lage, ganze Platten boot-fähig zu überspielen. Es kann auch ausgewählte Dateien unter beliebigen Kriterien auf die Reise schicken .

Allein der hohe Preis schmerzt

Die Aus- und Einschlußoptionen sind sehr umfangreich. Dabei kann Laplink nunmehr auch effektiv mit Festplatten umgehen, was in den früheren Versionen eine rechte Schinderei war. Laplink findet Dateien, zeigt die Verzeichnisstruktur und kann regelmäßig wiederkehrende Abläufe in einer Art Batchdatei ablegen. Ist man sich unsicher, was überhaupt mit der aktuellen Einstellung kopiert wird, so läßt sich die Übertragung simulieren. Außerdem zeichnet bei Bedarf ein Report die Übertragung auf.

Das Handbuch von Laplink ist umfangreich. Auch mit der Hilfefunktion auf Diskette läßt sich leben. Laplink ist ein ansehnliches Programm, bei dem allein der hohe Preis von knapp 400 Mark schmerzt. Kein Wunder, das Laplink zur Standardausstattung vieler Minitops gehört.

"Fastlynx" ist in der Grundausstattung des Minisport von Zenith enthalten und kostet etwa 570 Mark. Für ein Hilfsprogramm ist das zuviel des Guten, auch wenn zwei leuchtrote Kabelsets zur soliden Beigabe gehören. Das (um Minutenbruchteile) schnellste Programm des Vergleichstests wartet mit einer Reihe von sinnvollen Transfereinstellungen auf, die indes nicht so übersichtlich wie bei Laplink geordnet sind. Dafür hat der Hersteller die Menüpunkte klar gegliedert. Manche Optionen, wie die der Anlage, neuer Verzeichnisse auf dem empfangenen PC, eröffnen sich erst während des Transfers.

Während Laplink mit den Anfangsbuchstaben der Menüoptionen gesteuert wird, belegt Fastlynx die Funktionstasten. Die Hauptmenüs werden in der Eindeutschung mit Aufpfeil oder Abpfeil angesprungen und führen in unterschiedliche Bereiche, etwa in den Bereich der Installation über das Kabel (auch bei Fastlynx muß jeweils die gleiche DOS-Version eingesetzt werden) oder in den Bereich der Schnittstellen-Tests, der bei Laplink fehlt.

Schön ist die Anwahl von häufig vorkommenden Transferaktionen gelöst, nämlich mit einer Art Makrorecorder, für den ein eigenes Untermenü geschaffen wurde. Per Menü läßt sich das stellenweise nachlässig übersetzte Handbuch einsehen. Diese große Hilfedatei ist nicht unwichtig, da das beiliegende Heftchen nur das Allernötigste erwähnt.

Kleine Schwachstellen

Fastlynx arbeitet wie Laplink mit geteilten Verzeichnissen, von denen jeweils eines aktiv ist, während das andere als Slave-PC bezeichnet wird. Diese Zuordnung läßt sich auch ändern.

Während der Arbeit offenbarte das Programm kleine Schwachstellen. So zählt die anfangs sehr sinnvolle Anzeige des freien Speicherplatzes während des Transfers nicht mit und löscht Transfermeldungen alter Übertragungen nicht sofort vom Schirm. Ärgerlich ist die Kitzligkeit bei Schreib- und Lesefehlern, hier steigt das Programm schnell zum DOS-Prompt aus. Zu bemängeln wäre auch die Unart der Meldung "Warte auf Anschluß", wenn der entfernte PC gerade mit dem Einlesen von Dateien beschäftigt ist.

Ganz abseits der stolzen Preise und spezialisierten Programme liegt der "Norton Commander 3.0". Der alte Bekannte unter den Menüsystemen ist gleichzeitig eine Alternative zu vielen Backup-Programmen. Wenn der Commander auf einem Rechner installiert ist, benötigt man allein ein Null-Modemkabel, um den Transfer einzuleiten. Was diese Option, Commander Link genannt, vor eigenständigen Transferprogrammen auszeichnet, ist die Benutzeroberfläche. Wer den Commander kennt, kann auch Dateien übertragen: Für die linke oder rechte Dateileiste wird einfach der Punkt "Verbinden" gewählt, dazu der Modus bestimmt.

Wie bei der Brooklyn Bridge muß einer der beiden Rechner als "Sklave" herhalten. Vom "Master" her lassen sich dann dessen Dateien mit allen Mitteln bearbeiten, die der Commander auch für den lokalen Computer kennt. Die einzige Ausnahme ist der Sprung zum DOS-Prompt auf dem entfernten Rechner, der vom Commander nicht unterstützt wird. Auch das Wechseln zu verschiedenen Laufwerken ist problematisch.

Mit Transferprogrammen lassen sich Kosten sparen

Trotz der Verwendung beliebiger Kabel braucht sich der Commander, was die Geschwindigkeit anbelangt, wahrlich nicht zu verstecken. Als Manko bleiben zwei Punkte:

Der Commander kennt keinen parallelen Transfer, und das Kopieren ganzer Platten ist vom Programm nicht vorgesehen, da der Commander grundsätzlich mit Dateien, nicht mit Verzeichnissen arbeitet.

Ein kleines Problem: Der Commander wird nicht wie Transferprogramme in zwei Kopien geliefert. Wer allein mit "seinem" Commander arbeitet und das Programm auf beiden Computern einsetzt, verstößt gegen den Lizenzvertrag.

Bis auf die Brooklyn Bridge, die mit der 3? -Zoll-Diskette Probleme hatte, liefen alle Programme anstandslos. Im Durchschnitt war Fastlynx bei allen Transfertests das schnellste Programm, auch wenn die Bridge im seriellen Modus minimal schneller war und so das schlechte Abschneiden beim Lesen der vollen 720-KB-Diskette etwas wettmachen konnte. Im Verein mit der übersichtlicheren Menüführung ist Fastlynx in unserem Vergleich von Transferprogrammen der Sieger, auch wenn die Tastenbelegungen gewöhnungsbedürftig sind.

Fastlynx ist das schnellste Programm, allerdings liegt das Preis Leistungs Verhältnis von Laplink eindeutig, das von Fileshuttle etwas besser. Aber auch der Norton Commander hat seine Meriten, insbesondere unter stationären Bedingungen, in denen gelegentliche Dateitauschaktionen stattfinden.

Ein Ergebnis steht fest: Mit allen Transferprogrammen, die wir im Test hatten, erübrigt sich der Kauf eines externen oder internen Laufwerkes des anderen Formats. +