Datenbrillen und sprechende Schuhe

Technikshow SXSW zeigt Gadgets für Nerds

20.03.2013
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Datenbrillen, sprechende Schuhe und 3D-Drucker - auf dem Technikfestival "South by Southwest" (SXSW) präsentierten die Entwickler ihr neuestes Science-Fiction-Spielzeug, das aber in Kürze schon zu unserem Alltag gehören könnte.

Vom 8. bis zum 17. März war das texanische Austin das Mekka der Gadget-Liebhaber. Hersteller und Entwickler zeigten auf der Technik-Show SXSW ihre neuesten Ideen. Teilweise sind die Entwicklungen schon weit fortgeschritten. Fast marktreif präsentierte sich Googles Datenbrille, über die schon seit Monaten spekuliert wird. Gegenwärtig lässt der Suchmaschinenspezialist "Google Glass" von Anwendern testen. Und das ist nicht billig: Immerhin 1500 Dollar müssen die technikbegeisterten Nerds, die sich für den Test im Rahmen einer Lotterie sogar bewerben müssen, für den Prototypen auf ihrer Nase auf den Tisch legen.

Rolling Teleconferencing

In Austin haben die Google-Verantwortlichen der Entwicklergemeinde nun Details zu Designspezifikationen, ein Application Programming Interface (API) sowie erste Apps für die Hightech-Brille präsentiert. Zum Beispiel kann sich der Träger über eine App der "New York Times" News und Schlagzeilen einblenden lassen. Außerdem soll es möglich sein, sich die Nachricht vorlesen zu lassen. Gleiches gilt auch für die Gmail-App, über die Anwender Mails auf der Datenbrille empfangen können.

Neben Glass hat Google in Texas sprechende Turnschuhe gezeigt. Diese registrieren über verschiedene Sensoren, was der Träger macht beziehungsweise nicht macht. Je nach Ergebnis fällt die Reaktion der Schuhe aus, die diese via Bluetooth-Verbindung zu einem Handy oder Smartphone auch sprachlich kundtun können.

Suitable Technologies führte mit "Beam" seine mobile Videoconferencing-Lösung vor. Beam besteht aus einer Kombination aus fahrendem Roboter, der bis zu vier Kilometer pro Stunde schaffen soll, einem Computer mit Internet-Verbindung und Display. Limitierender Faktor der Technik sei in der Regel nur die Reichweite der WLAN-Netze, sagte Suitable-CEO Scott Hassan.

Ein weiteres prominentes Thema in Austin war der 3D-Druck. Makerbot zeigte den Prototypen seines "Digitizer Desktop 3D", mit dem sich Gegenstände über einen 3D-Scanner und -Drucker kopieren lassen sollen. Die Firma Sunglass hat im Rahmen der Initiative "DIYRockets" 5000 Dollar ausgelobt für denjenigen, dem es gelingt, mit der eigenen 3D-Druck-Lösung einen Raketenmotor zu drucken, mit dessen Hilfe sich Minisatelliten von maximal zehn Kilogramm in den Orbit schießen lassen.

Kein Wunder, dass die 3D-Drucktechnik kontrovers diskutiert wurde. Dazu trug auch Waffennarr Cody Wilson bei: Der Gründer der Gruppe Defense Distributed stellte auf der SXSW "Defcad" vor, eine Plattform, auf der 3D-Dateien für den Bau von Schusswaffen gehandelt werden sollen.

Datenbrillen versus Datenschutz

Manche Gadgets sorgten bereits im Vorfeld der Veranstaltung für Gesprächsstoff. So hatten die Betreiber von "The 5 Point Café" medienwirksam auf ihrer Facebook-Seite angekündigt, sie würden Gäste mit Datenbrillen auf der Nase sofort mit einem Tritt an die Luft setzen. Mag das Ganze zunächst als PR-Gag anmuten, so tun sich mit den neuen Gagdets doch ernsthafte Datenschutzprobleme auf. Gartner-Analystin Carolina Milanesi warnt beispielsweise davor, dass Nutzer mit Google Glass per Sprachbefehl unbemerkt Fotos von Personen schießen und diese dann ins Web hochladen könnten. Zudem ließen sich die Fotografierten über eine Erkennungssoftware womöglich auch identifizieren.

Experten gehen davon aus, dass der Trend, ständig in irgendeiner Form kleine Mini-Computer mit sich zu tragen, erst am Anfang steht. Beispielswiese sammelt derzeit das schwedische Startup Memoto Geld für die Entwicklung einer Mini-Kamera, die automatisch alle paar Sekunden ein Foto macht und so das Leben ihres Trägers praktisch lückenlos dokumentiert.

South by Southwest

Foto: Zach Miners, IDGNS

Auf dem SXSW-Festival ging es um Themen rund um Musik und Filme sowie um Multimedia und Gadgets. Fast 30.000 Besucher waren in diesem Jahr auf der Technikshow SXSW Interactive erwartet worden, doch den größeren Teil der Veranstaltung machen Show und Konzerte aus. Ob insgesamt wieder wie im Vorjahr 300.000 Besucher begrüßt werden durften, stand bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Unternehmen wie Twitter oder Foursquare wurden seinerzeit zuerst auf der SXSW gesichtet. Auch die Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, und Spotify, Daniel Ek, hatten hier ihre ersten Auftritte. Viel Beachtung fand dieses Jahr Elon Musk mit seiner Firma SpaceX: Er ist dabei, einen regelmäßigen privaten Raketenverkehr ins All zu organisieren. (mhr)