Automation im Auslandszahlunasverkehr schreitet gemächlich fort:

Swift läßt keine DV-Revolution erwarten

22.08.1980

Acht von zehn Banken in Europa wollen ihren Auslandszahlungsverkehr verstärkt automatisieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Computer Management Gruppe (CMG), Frankfurt. Die CMG hatte Anfang 1980 eine Fragebogen-Aktion gestartet, deren Auswertung jetzt vorliegt. Der Trend der Swift-Abwicklung per EDV geht nach höherer Integration.

Nach Auskunft der von der CMG in ihrer Aktion Befragten dürfte der EDV-Einsatz im Geschäftsbereich Auslandszahlungsverkehr/Devisenhandel auch durch Standardsoftware-Pakete erleichtert werden. Andererseits soll die Integration dieses Geschäftsbereiches mit den bestehenden bankinternen Anwendungen durch automatisierte Schnittstellen verbessert werden. Hierzu gehört auch die "Verz<hnung" mit den nationalen Clearingsystemen.

Massengeschäft analysiert

Ein weiterer Schwerpunkt der zukünftigen EDV-Einsatzbereiche liegt im Budget/Planungs- und Kontrollbereich. Speziell die wiederaufgelebte Diskussion über die Kontenführungsgebühren und die zum Teil angekündigten Erhöhungen machen deutlich daß bei sinkender Zinsmarge, gekoppelt mit ertragsarmen Bankergebnissen im Wertpapier- und Auslandsgeschäft, viele Banken die Rentabilität des Massengeschäfts analysieren und verbessern müssen.

Andere Geschäftsbereiche, die durch EDV-Einsatz unterstützt werden sollen, sind das Wertpapiergeschäft (72 Prozent)

das Kreditgeschäft (63 Prozent),

der Kundendienst (45 Prozent).

Treibende Kraft aller Automatisierungsvorhaben scheint die Technologie zu sein. So hält es die Mehrzahl der Befragten für wichtig, daß in fortschrittliche Systeme - sowohl Hardware als auch Software - investiert wird.

Hierzu werden besonders genannt:

- Bankenterminalsysteme (72 Prozent),

- Datenbankverwaltungssysteme (54 Prozent),

- Dezentrale Rechner und Netzwerke (45 Prozent),

- Optische Belegleser (27 Prozent).

Die vorliegenden Erkenntnisse lassen keinen eindeutigen Trend der Kreditinstitute bei der Automation ausländischer Niederlassungen erkennen. Lediglich die Standardisierung aller Auslandsfilialen auf ein einheitliches Computersystem kann als Planungspriorität generell festgestellt werden. Hierbei haben sich die EDV-Spezialisten auf keinen "Favoriten" festgelegt, wie aus einem Hardwarevergleich der eingesetzten Computer-Typen hervorgeht.

Standard-Software mit Einschränkung

Obwohl der Einsatz von universellen, international einsetzbaren Standardsoftware-Paketen für ausländische Bankfilialen zunimmt, bestehen noch wesentliche Einschränkungen:

1. Die verfügbaren Standardsoftware-Pakete sind oft nur für einzelne Zielländer konzipiert.

2. Die Schnittstellen zum konzerninternen Berichtswesen (wie Kontenplan, Bilanzstatistik, Kundengesamtobligo) sind selten flexibel ausgebaut.

3. Das Meldewesen für die nationalen Notenbanken muß individuell entwickelt werden. Einige internationale Softwarepakete für Auslandsfilialen sind allerdings schon auf dem Markt.

Auslandszahlunsgsverkehr expandiert

Erst mit der Einführung des Swift-Netzes der Society for Worldwide Interbanking Financial Telecommunication Anfang 1978 wurde die Automation des Auslandszahlungsverkehrs in zahlreichen Banken ermöglicht. Seitdem hat sich diese Methode als internationaler Standard durchgesetzt, der aus der heutigen Bankpraxis nicht mehr wegzudenken ist.

Obwohl in der nächsten Zeit die EDV-Fachleute in diesem Bereich keine revolutionären Entwicklungen mehr erwarten, bleibt auch hier die Entwicklung des EDV-Einsatzes nicht stehen. Bei der Automationsplanung müssen verschiedene Trends berücksichtigt werden: .

- Expansion des Mengenvolumens im Auslandszahlungsverkehr

- Ausdehnung des Swift-Netzes auf weitere Länder

- Erweiterung der Geschäftssparten

- Verbesserung der bankinternen EDV-Abwicklung und Integration mit anderen Bereichen. Das tägliche, durchschnittliche Nachrichtenvolumen, das die international tätigen Banken über das Swift-Netz übermitteln, ist in den letzten Jahren konstant erhöht worden. Ausschlaggebend war der hohe Verflechtungsgrad der wichtigen Industrieländer untereinander und die daraus resultierende Abwicklung der Auslandszahlungen. Ein weiterer Grund ist darin zu sehen, daß die steigende Zahl der Swift-Länder und Mitgliedsbanken für eine größere Durchdringung sorgen. Die bankinterne Umstellung vom manuellen Verfahren auf elektronische Abwicklung unterstützt diesen Trend ebenfalls.

Über 1000 Mitgliederbanken

Seit der Gründung von Swift hat sich die Anzahl der Mitgliedsbanken von 240 auf über 1000 erhöht. Weitere Länder werden an das Netz angeschlossen.

Switching-Centers?

Zusätzlich zu den seit Anfang bestehenden Message-Switching Centers in Belgien und den Niederlanden ist ein drittes Center für die USA in Vorbereitung. Wenn auch die fernöstlichen Länder (Japan, Australien, Singapur, Hongkong) den Nachrichtenaustausch über Swift vornehmen, dürfte ein viertes Switching Center in Japan realisiert werden.

Diversifikation in Hard- und Software

Nachdem sich das Swift-Konzept als internationaler Standard zur Abwicklung des Auslandszahlungsverkehrs durchgesetzt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Angebot an Automationslösungen ausgeweitet wurde. Zu den ursprünglich von Swift autorisierten SID-Lieferungen (Burroughs, General Automation und ICL/ Singapur) gesellte sich eine lange Reihe von Computer-Herstellern mit vielfältigen Software-Konzepten.

Heute besteht für die Automationsplanung im Auslandszahlungsverkehr eine breite Palette von Anschlußmöglichkeiten.

Integration wird geplant

Die Automationspläne der Banken im Swift-Auslandszahlungsverkehr zielen im wesentlichen in zwei Richtungen (vergleiche Abbildung 2):

1. Verbesserung oder Entwicklung der bankinternen Arbeitsabläufe, insbesondere die Integration in angrenzende Arbeitsgebiete (wie DM-Kontokorrent, Währungsbuchhaltung und Devisendisposition, Stammdateien oder Auslandsdaueraufträge) .

2. Erweiterung der automatisch abgewickelten Zahlungsarten auf andere Geschäftssparten, wie Devisenhandel, Dokumenteninkasso, Kontostandsmitteilungen .

Bei der Entwicklung von bankinternen EDV-Anwendungen zeigt sich unter den etwa 130 Swift-Mitgliedsbanken in der Bundesrepublik eine Vielfalt von Lösungsansätzen. Mit Ausnahme der Standardsoftware-Pakete von Burroughs (SAS) mit etwa 25 Anwendern in Schweiz und Bundesrepublik und General Automation (Safe) mit 35 bis 40 Anwendern m Schweiz und Bundesrepublik sind Insellösungen einzelner Kreditinstitute oder überregionale "Sammel-Verbundnetze" ohne wesentliche dezentrale Intelligenz weit verbreitet. Es bleibt abzuwarten, ob sich etwa die Wünsche der neuformierten Benutzergruppe des IBM DSL-Paket (Direct Swift Link) überhaupt in der Entwicklung eines Standardsoftwarepakets für die rund 30 DSL-Anwender mit IBM-Hauptrechnern niederschlagen werden.

* Gerhard Kenk ist Senior Consultant bei der CMG-Computer Management Gruppe GmbH Frankfurt.