Gebrauchtsoftware

Streit um Second-Hand-Lizenzen eskaliert

14.05.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Der Streit geht weiter

Der Streit um die Rechtmäßigkeit des Gebrauchtmarktes dürfte sich jedoch noch Jahre hinziehen. Mitte des Jahres steht die nächste Verhandlung im Streit zwischen Oracle und Usedsoft an. Der Datenspezialist wirft dem Münchner Händler vor, unrechtmäßig online übertragene Lizenzen weiter veräußert zu haben. Aus Usedsoft-Sicht spielt der Übertragungsweg beim Softwareverkauf keine Rolle. Der Erschöpfungsgrundsatz, wonach der Anbieter die weiteren Verbreitungsrechte an seiner Software mit dem Verkauf verliert, gelte auch hier. Bislang hat in dem Verfahren allerdings Oracle die Nase vorn. Die Richter am Landgericht und Oberlandesgericht München untersagten den Handel mit online vertriebener Software.

Bis der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil im Streit um die Rechtmäßigkeit der verschiedenen Varianten von Gebrauchtsoftware fällt, dürften noch etliche Jahre ins Land gehen.
Bis der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil im Streit um die Rechtmäßigkeit der verschiedenen Varianten von Gebrauchtsoftware fällt, dürften noch etliche Jahre ins Land gehen.
Foto: Bundesgerichtshof

Microsoft selbst hat bislang nicht vor, in den Ring zu steigen. Man sehe das Verfahren zwischen Oracle und Usedsoft als Präzedenzfall und wolle erst einmal den Ausgang dieses Streits abwarten, erklärte ein Sprecher des Softwarekonzerns, auch wenn sich das Verfahren noch über Jahre und bis zum Bundesgerichtshof (BGH) hinziehen sollte. Microsoft sehe in diesem Fall durchaus Parallelen zu den eigenen Lizenzbedürfnissen.

Ganz wollen sich die Microsoft-Verantwortlichen allerdings dann doch nicht aus dem Streit heraushalten. So hat der Softwarehersteller ebenfalls vor dem Landgericht München I eine einstweilige Verfügung gegen Usedsoft erwirkt. Grund dafür seien irreführende Behauptungen im Rahmen einer Vertriebsaktion. Gegenüber öffentlichen Auftraggebern habe der Händler behauptet, der Handel mit gebrauchter Software sei "ohne wenn und aber" rechtlich abgesichert. Die Urteile des BGH und des Hamburger Landgerichts, mit denen Usedsoft seine Argumente zu belegen versuche, griffen in diesem Fall nicht und seien damit kein Freischein für den Handel mit gebrauchter Software. Die Richter am Münchner Landgericht ordneten an, Usedsoft dürfe die entsprechenden Aussagen nicht weiter verwenden.

Die Usedsoft-Verantwortlichen bezeichneten die Vorwürfe Microsofts als alberne Wortklaubereien und kündigten an, die einstweilige Verfügung anzufechten. Der Lizenzhändler räumte allerdings ein, dass die Formulierungen teilweise ungeschickt gewählt worden seien. Diese Fehler seien jedoch einem einzelnen Handelsvertreter unterlaufen. Laut den der COMPUTERWOCHE vorliegenden Dokumenten muss jedoch auch die Usedsoft-Führung den Kopf für die Vertriebspanne hinhalten. Unter dem Anschreiben an öffentliche Auftraggeber prangen nämlich auch die Unterschriften von Geschäftsführer Schneider und dem Vertriebsleiter Andreas Thyen.