Die Autorin Anne Kronzucker ist Juristin bei der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.
Druck vom Chef, Angst um den Job, das Wissen um die eigene Ersetzbarkeit: Im Job werden auf Anweisung "von oben" immer wieder wissentlich Gesetze missachtet. Doch Staatsanwälte ermitteln nicht nur in den Chefetagen: Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass sie sich auch selbst strafbar machen, wenn sie auf Anweisung des Chefs bewusst das eine oder andere Auge zudrücken. Ihr Verhalten hat womöglich massive strafrechtliche Konsequenzen.
Einige Beispiele: Der Lohnbuchhalter einer Baufirma zahlt wissentlich Schwarzgeld aus, der Callcenter-Mitarbeiter belästigt Nichtkunden mit Werbeanrufen, der Angestellte der Chemiefirma entsorgt Sondermüll im Gully, und die Chefsekretärin macht offensichtlich private Rechnungen des Geschäftsführers als Betriebsausgaben geltend. Doch wer muss sich strafrechtlich für derartige Verstöße verantworten - der Chef oder der Angestellte, der auf Anweisung gehandelt hat? Obwohl ein Fehltritt im Auftrag des Vorgesetzten für den Mitarbeiter böse Folgen haben kann, denkt über diese Frage kaum einer der rund 40 Millionen Beschäftigten in Deutschland nach.
Im Visier des Staatsanwalts
Oft ist schon ausreichend, dass ein Außenstehender einen Verdacht äußert, um die Staatsanwaltschaft auf den Plan zu rufen. Die Ermittler kommen unangemeldet mit einem Durchsuchungsbeschluss, konfiszieren Aktenordner und stellen unangenehme Fragen. In aller Regel wird dabei auch gegen ganz normale Mitarbeiter ermittelt. Denn Steuerhinterziehung, Untreue, Bestechung, Umweltsünden und viele andere Delikte wären ohne ihre Unterstützung nicht möglich. Manchmal bedarf es nicht einmal eines Verdachts: Auch betriebliche Unfälle ziehen nicht selten die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft auf sich. Dann wird beispielsweise im Hinblick auf Verstöße gegen Entsorgungs- und Emissionsverordnungen, Gefahrgut- oder Unfallverhütungsvorschriften ermittelt - und wieder stehen neben dem Management auch die Mitarbeiter im Fokus der Untersuchung.