Web

Sieben Sünden

Stolperfallen im Social Web

20.04.2014
Von 
Stefan von Gagern ist diplomierter Medientechniker (FH) und war als Redakteur und Ressortleiter bei den Fachtiteln "Screen Busines Online" und "Page" tätig. Später lehrte er als Dozent für Medienkonzeption im Master-Studiengang "Multimedia Production" an der Fachhochschule Kiel. Heute schreibt er als freier Fachjournalist und Autor über Themen wie Publishing, Internet, Social Media und Digital Lifestyle. Parallel berät er Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung von Social-Media-Auftritten.
Funkstille, verödete Feeds, illegale Gewinnspiele: Die Fauxpas-Liste im Social Web ist lang. Wir zeigen, was Unternehmen bei Facebook, Twitter & Co. alles falsch machen.

Auftritte auf den relevanten Social-Media-Plattformen sind heute so selbstverständlich wie die eigene Website. Facebook, Twitter & Co. werden als wichtige Kommunikationskanäle ernst genommen. Es gibt kaum noch Ausreden, mit denen sich halbwegs moderne Unternehmen noch vor dem eigenen Social-Media-Auftritt drücken können. Social Media Marketing ist deutlich erwachsener geworden, und doch verwundert es immer wieder, wie viele Auftritte ideenlos und halbherzig gepflegt werden. Viele Betreiber vergessen, dass Social Media viel bewirken, aber auch viel kaputt machen kann - zum Beispiel den guten Ruf. Also sollte man von Anfang an Fehler vermeiden - gerade dann, wenn diese bereits von anderen begangen wurden. Vorhang auf für unsere Liste der sieben größten Social-Media-Stolperfallen - und möglicher Gegenmittel.

Das Nicht-Ernstnehmen

Obwohl sich herumgesprochen hat, dass Social Media kein Spielzeug für Teenager ist sowie Twitter und Facebook selbst in der Tagesschau omnipräsent sind, gibt es in vielen Unternehmen immer noch Vorbehalte. Da ist immer noch von einem "vorübergehenden Hype" die Rede, der "in ein paar Jahren wieder verschwunden" ist - selbiges wurde auch schon über das Internet gesagt. Tatsächlich aber sind soziale Medien längst Teil unserer Kultur und wie das Internet nicht mehr wegzudenken. Wer hier nicht mitmacht, verschenkt ein riesiges Potenzial für Marketing und Werbung oder überlässt der aufgeschlossenen Konkurrenz kampflos das Feld.

Denn ob Facebook irgendwann wieder verschwindet, wie es einst MySpace ergangen ist, spielt letztlich keine Rolle. Irgendein Kommunikations-Netzwerk wird es immer geben, in dem sich die Zielgruppe tummelt - ob es nun Pinterest, Foursquare oder etwas noch zu Erfindendes ist.

Dann gibt es noch das Gerücht, dass die eigene Zielgruppe - häufig handelt es sich ums B2B-Geschäft - nichts von Facebook und Twitter Media hält. Das mag teils sogar stimmen: Es gibt Zielgruppen, die Business-Netzwerke wie LinkedIn oder Xing bevorzugen - aber auch die sind Social Media. Zudem haben sich Berufliches und Privates längst vermischt. Warum sollte man nicht einem Entscheider am Wochenende eine interessante IT-Lösung auf dem Tablet servieren, wenn er gerade entspannt surft? Das Interesse seinerseits ist bestimmt da - auch in eher privat genutzten Netzwerken.

Darüber hinaus gibt es auch in Facebook-Gruppen Möglichkeiten, im exklusiven Kreis fachlich zu diskutieren. Facebook und Twitter sind für viele Nutzer heute so alltäglich wie E-Mail - als Quelle der kreativen Inspiration und erste Anlaufstelle für auch beruflich interessante Neuigkeiten.

Kurzum: Social Media ist ein Aushängeschild eines modernen Unternehmens. Wer präsent ist, zeigt sich kommunikationsbereit, modern und offen - warum also sollte man darauf verzichten?

Der Sprung ins kalte Wasser

Es erinnert ein wenig an die Frühzeit des Internets, als alle plötzlich eine Website wollten, aber niemand genau wusste was dort eigentlich geschehen soll. "Konkurrent X ist jetzt auf Facebook und twittert sogar, also müssen wir das auch machen", heißt es dann. Das Schlimme: Facebook-Fanpage, Google-Plus- und Twitter-Account sind in wenigen Minuten eingerichtet, noch viel schneller als jede hastig aufgesetzte Homepage. Was dort aber dann passieren soll, hat sich niemand überlegt. Es gibt weder Ziele noch Ideen für mögliche Inhalte. Ist "die Katze jedoch einmal aus dem Sack", ist ein Rückzieher nicht ohne weiteres möglich. Schließlich kann ein schlecht gepflegter Social-Media-Auftritt, auf dem keinerlei Service stattfindet, schnell den Ruf ruinieren.

Am Anfang war das Konzept...
Am Anfang war das Konzept...
Foto: Stefan von Gagern

Natürlich muss nicht jeder Kleinunternehmer eine Social-Media-Strategie auf Konzern-Niveau ausarbeiten. Sich vor dem Start aber ein paar Gedanken um ein Konzept zu machen - und diese auch aufzuschreiben -, hilft schon enorm. Etwa, wie die Ziele aussehen, wer sich um die Beiträge und die tägliche Überwachung kümmert (inklusive Urlaubsvertretung) und welche Themen bearbeitet werden sollen. Das reicht in vielen Fällen schon als Kurzkonzept für die grobe Marschrichtung.

Das Strohfeuer

Die eigene Facebook-Fanpage und der eigene Twitter-Account können großen Spaß machen. Entsprechend groß sind die Anfangseuphorie ("Wir sind jetzt auch auf Facebook!") und die Begeisterung, die Social Media fleißig mit Inhalten zu füttern. Auf Dauer braucht es aber viel Geduld und Durchhaltevermögen. Fallen nach den ersten Wochen die Fan- und Followerzahlen ernüchternd aus, erhalten die Beiträge nicht die erwarteten Likes, Kommentare oder Retweets, sinkt die Lust, wird das Social-Media-Thema als solches in Frage gestellt, werden Ressourcen gekürzt oder die Aktivität direkt wieder eingestellt.

Jeder sollte sich vor dem Start klar machen, dass Social Media zwar wirken, die Gefolgschaft aber nur langsam, dafür stetig wächst. Um dem Frust vorzubeugen, hilft es, sich realistische Ziele zu setzen - wer nicht sowieso berühmt ist, wird sich in jedem Fall schwer tun, massenhaft Fans zu gewinnen. Für manche Auftritte, wie die lokal agierender Händler mit einer speziellen Zielgruppe, sind nur ein paar Fans, die aber gute Kunden sind, völlig in Ordnung und ein Erfolg. Die Kanäle sollten stetig, aber langfristig und konstant gepflegt werden. Dabei hilft ein Social-Media-Redaktionsplan - auch gegen sich unkoordiniert wiederholende Themen.