Frühjahrstagung der Siemens-Nixdorf-Anwender

SNI-Vorstand Nasko legt Save glatten Rechenschaftsbericht vor

08.05.1992

BONN (gfh) - Weniger mit den Anwendern als mit der Misere der DV-Industrie beschäftigte sich Horst Nasko, Vorstandsmitglied der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) auf der Frühjahrstagung des Siemens Informationstechnik Anwendervereins (Save). Vor allem versuchte er, die Kunden in seiner Rede zu überzeugen, daß en nach der Integration von SNI in den Siemens-Konzern wieder aufwärts gehe.

Nasko entwarf das düstere Szenario einer unter Druck geratenen Industrie, die sich in Richtung Systemintegration entwickeln müsse. Außerdem forderte er die Schaffung einer europäischen IT-Infrastruktur, mit der die Alte Welt der übermächtigen Konkurrenz aus den USA und Fernost Paroli bieten kann.

Sein Unternehmen lobte der SNI-Vorstand als den letztere verbliebenen europäischen Gesamtanbieter, der sich den Herausforderungen der Zeit sowohl durch seine Produktpolitik als auch durch Straffung der Organisation stellen könne. Allerdings käme auch SNI nicht ohne europäische Kooperationen aus. Nach der IBM sei das deutsche Unternehmen die Nummer zwei vor Bull und Olivetti.

Als Beleg für die positive Entwicklung bei SNI führte Nasko Umsatzsteigerungen von 16 Prozent in den beiden ersten Quartalen des Geschäftsjahres 1991/92 an. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschehe, dann werde das Unternehmen die Verluste des Vorjahres deutlich verringern können. In diesem Kontext bezeichnete das SNI-Vorstandsmitglied die nach der Rückführung von SNI vorgenommene Straffung der Firmenstruktur als völlig normal.

Konkret wurden die Divisionen D1 und D2 zum Bereich Business-Systems zusammengelegt. Auch die Betreuung der öffentlichen Hand, die bisher auf die Bereiche D5 und D6 verteilt war, soll künftig aus einer Hand erfolgen. Diesem Bereich "Public Sector" wurde auch die bisher für Supercomputer zuständige Divison 8 zugeschlagen.

Zu den Änderungen gehört ferner, daß die Chefs der Produktplanung künftig selbst für die Verkaufsförderung zuständig sind. Außerdem soll die, Konzeption verschiedener Produkte nach Möglichkeit in einer Hand zusammengefaßt werden. Das Ziel dieser Maßnahmen besteht laut Nasko darin, den Informationsfluß zu beschleunigen und neue Produkte möglichst schnell auf den Markt zu bringen.

In seiner Rede beklagte Nasko vor allem die negative Entwicklung im DV-Geschäft, die durch die Weltwirtschaftslage, den Preisverfall bei den PCs und nicht zuletzt durch den Trend zu offenen Systemen sowie Standards verursacht worden seien. Dieser hätte den Wettbewerb erheblich verschärft.

Als Zukunftsmarkt für Gesamtanbieter wie SNI biete sich fast zwangsläufig der Bereich Systemintegration an. Nicht in der Produktentwicklung, sondern der Einbindung einzelner - auch zugekaufter Komponenten - in ein Gesamtkonzept liege die Herausforderung. Ein entsprechender Geschäftsbereich soll von der Division 9 und den hauseigenen Entwicklern des Bereichs Anwenderprogrammierung (AP) aufgebaut werden.

Bei der Produktpolitik hob Nasko die Rolle der Mainframe. Flaggschiffe und des BS2000-Betriebssystems hervor. Auch in Zukunft werde in diesem Bereich, der etwa ein Drittel des Geschäfts ausmache, der Großteil der Entwicklung stattfinde.

Im Unix-Bereich verwies er auf die RM-Rechner mit Mips-RISC-Chip von Pyramid und die hauseigenen Systeme mit MX-Intel-Prozessor, die beide unter der Unix-V.4-Implementation von SNI laufen. Das Unix-Betriebssystem OSF/1, zu dem sich Siemens-Nixdorf zunächst bekannt hatte, erwähnte Nasko nicht.

Wichtiger war dem Manager der Hinweis auf die Betreuung der Altkunden. Anwendern von Nixdorf-Rechnern der Typen 8870 und 8890 versprach er sowohl weitere Unterstützung als auch Umstiegspfade nach Unix beziehungsweise auf BS2000-Systeme. Den Comet-Anwendern aus der Nixdorf-Welt empfahl er als Nachfolgesoftware ALX und das SAP-Produkt R/3.

Auf europäischer Ebene hat sich die SNI laut Nasko der Rettung einer unabhängigen DV-Industrie verschrieben. Dabei gehe es ihm nicht, wie er betonte, um Protektionismus, er sei allerdings froh, "wenn die Käufer auf dem zersplitterten kontinentalen Markt sich leichter für europäische Produkte entscheiden könnten".

Nasko beließ es jedoch nicht bei diesem Aufruf. Gemeinsam mit den Konkurrenten Olivetti und Bull will der deutsche Hersteller eine europaweite IT-Infrastruktur aufbauen. "Wir legen auf ausgewählten und klar abgegrenzten Gebieten unser Know-how zusammen", versprach Nasko.