Über eine Milliarde Rechenoperationen pro Sekunde:

Siemens erweitert Supercomputer-Serie

06.09.1985

MÜNCHEN (pi) - Die 1000-Megaflop Schwelle überschreitet jetzt die Siemens AG mit der Ankündigung ihres derzeit größten Vektorprozessorsystems VP400. Bis zu 1,14 Gigaflops (Milliarde Gleitkomma-Operationen pro Sekunde) soll der neue Supercomputer, ein Produkt des Siemens-Hauslieferanten Fujitsu, leisten.

Der ebenfalls neu angekündigte Vektorrechner VP50 sowie der VP400 basieren - wie die Systeme VP100 und VP200 - auf einer Pipeline-Architektur mit mehrfachen Pipelineeinheiten und bestehen aus je einer Skalar- und einer Vektoreinheit. Die Zykluszeit der Vektoreinheit umfaßt sieben Nanosekunden. Der Hauptspeicherausbau des VP50 reicht von 32 bis 128 MB, der des VP400 von 64 bis 256 MB. Die statischen Speicherchips haben eine Schaltzeit von 55 Nanosekunden.

Auch die beiden neuen Vektor-Modelle VP50 und VP400 nutzen die System-/370-Architektur. Durch ihre IBM-Kompatibilität sind die Siemens-Vektorprozessoren sowohl in Siemens-System-7.800- sowie in IBM-Hard- und -Software-Umgebungen integrierbar. Als Programmiersprache wird ausschließlich Fortran 77 benutzt. Die Siemens-Vektorprozessoren sind laut Herstellerangaben die ersten Supercomputer, bei denen Fortran-Programme von einem Computer konventioneller Bauart durch einfache Neuübersetzung auf einen Vektorprozessor übernommen werden können. Unterstützt wird dies durch einen Fortran77/VP-Compiler nach Analyse der Münchener Siemens AG mit automatischen Vektorisierungsmöglichkeiten.

Diese vier Vektorprozessoren und die zugehörige Betriebssoftware werden von Siemens im westeuropäischen Raum angeboten. Im Frühsommer dieses Jahres wurden nach Siemens-Angaben zwei Vektorprozessoren VP200 installiert. Die ersten Auslieferungen des VP50 sollen ab dem vierten Quartal dieses Jahres, die des VP400 ab dem zweiten Quartal 1986 erfolgen. Für die Grundausbaustufe inklusive Bedienungsplatz betragen die Kaufpreise der einzelnen Modelle in der Bundesrepublik 12 Millionen Mark für den VP50, 16 Millionen Mark für den VP100, 22 Millionen Mark für den VP200 und schließlich 32 Millionen Mark für den VP400.

Supercomputer dieser Größenordnung werden laut Siemens nicht

mehr nur für rechenintensive Aufgaben im technisch-wissenschaftlichen Bereich (Raumfahrt, Kernforschung oder Meteorologie) eingesetzt. Auch immer mehr Industriezweige würden nun ebenfalls schnellere Rechner fordern, um aufwendige Simulation komplexer Vorgänge zeitökonomisch und wirtschaftlicher vornehmen zu können. Dazu gehören beispielsweise Windkanalversuche an Flug- und Fahrzeugen oder die Fahrwerkskonstruktion und -erprobung bei Autos. Auch in der chemischen Industrie zur Simulation von Molekularsystemen oder in der Halbleiterindustrie zur Chip-Berechnung seien Vektorprozessoren gefragt.