Zunehmender Druck auf Anbieter proprietärer Tools

SGI präsentiert Compiler für IA 64 als Open Source

02.06.2000
MÜNCHEN (pi) - Silicon Graphics Inc. (SGI) hat das erste offizielle Release seiner Linux-Compiler-Suite "Pro 64" für Intels neuen 64-Bit-Prozessor "Itanium" als Open Source freigeben.

Anfang dieses Jahres hatte SGI auf einem Intel-Entwicklerforum die vorläufige Fassung eines Sets von Compilern für Linux auf Rechnern mit Intels Itanium-CPU in Testläufen vorgeführt. Jetzt steht die erste Version zur Verfügung, die laut SGI "im Gegensatz zu anderen öffentlichen Compilern die Stärken des Itanium-Prozessors gezielt zur Geltung bringt".

Die Pro-64-Suite umfasst Compiler für die Programmiersprachen C, C++ und Fortran 90. Sie enthält Fortran-Runtime-Libraries, eine Vector-Math-Library, Man Pages und Assign Command. Erstmals gehört auch eine Open-MP-Support-Library dazu, die die Anwendungsprogrammierung für Parallelverarbeitung nach dem Shared-Memory-Prinzip auf dr Grundlage der Industriestandard-APIs Open-MP vereinfacht. Das Pro-64-Release ist laut SGI "vollständig kompatibel" zu den Angeboten "gcc" und "g++" von der Red-Hat-Tochter Cygnus.

SGI stellt der Linux-Entwicklergemeinde den Compiler-Quellcode unter den üblichen GPL-Lizenzbedingungen zur Verfügung. Weiterentwicklungen sind also erlaubt, wenn sie ihrerseits lizenzfrei im Sourcecode allgemein nutzbar gemacht werden. Die Pro-64-Suite samt zusätzlichen Informationen und späteren Updates steht unter http://oss.sgi.com/projects/Pro64 zum Download bereit.

Schnellster Pilotanwender der Suite ist Ilog. Das Bad Homburger Unternehmen hat sein Produkt "Cplex" für die rechenintensive Optimierung komplexer Prozesse mit Hilfe des Pro-64-Compilers von SGI entwickelt (siehe CW 15/00, Seite 24).

Nachdem SGI in Sachen offener Quellcode für Compiler vorgelegt hat, ist zu erwarten, dass noch mehr bisher proprietäre Anbieter systemnaher Tools und Applikations-Entwicklungswerkzeuge dem Open-Source-Trend folgen werden. Insbesondere IBM und HP verfolgen diese Richtung immer stärker. Dadurch wächst der Druck auf Firmen wie Computer Associates, BMC und Beta Systems - auch dahin, ihre bisher Open-Source-hinderliche Lizenzpolitik (siehe CW 19/00, Seite 17) zu überdenken.