IBM weist alle Vorwürfe zurück

SCO greift Linux-Entwickler an

09.05.2003
MÜNCHEN (CW) - Den Vorwurf, urheberrechtlich geschützter Unix-Code finde sich im Linux-Kernel, richtet SCO nun auch gegen dessen Entwickler. IBM hat hingegen offiziell die SCO-Klage zurückgewiesen, Unix-Code für Linux verwendet zu haben.

SCO-Chef Darl McBride hat von seiner ursprünglichen Erklärung Abstand genommen, die Milliardenklage seines Unternehmens gegen IBM wegen missbräuchlicher Nutzung von Unix-Code für Linux richte sich nicht gegen die Linux-Gemeinde oder -Firmen. Er erklärte, mit einem Vergleich des Sourcecodes beauftragte Anwälte hätten "Passagen gefunden, in denen der Linux-Kernel Zeile für Zeile mit unserem Unixware-Code übereinstimmt. In anderen Fällen wurde der Code so umgeschrieben, dass er nur etwas anders aussieht als Unixware."

McBride weigerte sich, die Beweise auf den Tisch zu legen. Das werde SCO "zur richtigen Zeit vor Gericht" tun. In der Begründung dieses Verhaltens wies er indirekt auf den angeblichen CodeDieb hin: "Die Linux-Gemeinde möchte, dass ich das jetzt offen lege. Dann würde sie die Stellen bereinigen, bevor das Gerichtsverfahren beginnt."

Chris Sontag, Chef von SCOsource, der für lizenzrechtliche Dinge zuständigen Abteilung, deutete an, dass SCO über die Klage gegen IBM hinausgehen könne. "Wir werden unsere nächsten Schritte jetzt nicht ausbreiten. Aber wir haben natürlich einen Aktionsplan. Und wir werden mit den Maßnahmen fortfahren, die am besten unsere Urheberrechte schützen."

Nach Lage der Dinge sind damit Unix- und Linux-Distributoren sowie das Linux-Kernel-Team um Linus Torvalds angesprochen. Der auf Urheberrecht spezialisierte Anwalt John Ferrell von der im kalifornischen Palo Alto ansässigen Kanzlei Carr & Ferrell hält SCO-Klagen gegen Suse und Red Hat für möglich: "Wenn belegt werden kann, dass für Linux Codezeilen aus Unix genommen wurden, haben diese Firmen ein Problem."

Red Hat und Suse haben Verdächtigungen zurückgewiesen, in Linux finde sich SCO-eigener Unix-Code. Suse-Chef Richard Seibt befürchtet keine Klage von SCO, "solange McBride nicht deutlich gemacht hat, was er gefunden hat". SCO werde wohl den Ausgang der Klage gegen IBM abwarten. Seibt: "Ich bin sicher, dass Suse keinen Nachteil haben wird." In der von Suse, der SCO-Vorgängerin Caldera, Conectiva und Turbolinux gegründeten Initiative United Linux denkt man an Sanktionen gegen SCO.

In der Linux-Community drehen Kommentatoren unterdessen den Spieß um und fragen, wie viel Code aus dem Linux-Kernel und aus United Linux sich wohl in SCOs Unixware finden.

Unmittelbar nach den neuen Vorwürfen hat IBM eine Antwortschrift auf die SCO-Klage vor dem zuständigen Bezirksgericht im US-Bundesstaat Utah eingereicht. Darin weist das Unternehmen alle erhobenen Vorwürfe zurück (siehe unter anderem CW 11/03, Seite 9, und 13/03, Seite 20). IBM habe weder Patente bei der Entwicklung einer hauseigenen Linux-Variante verletzt noch unfairen Wettbewerb begangen oder Verträge mit SCO gebrochen. Vielmehr versuche SCO, die Entwicklung quelloffener Systeme wie Linux zu behindern, indem unrechtmäßig Ansprüche auf weit verbreitete Technologien erhoben würden.

In der 18-seitigen Schrift bemängelt IBM außerdem eine lückenhafte Darstellung SCOs. So sei festzuhalten, dass Unix ursprünglich Ende der 60er Jahre von den damals zu AT&T gehörenden Bell Labs entwickelt und unter anderem auch an IBM lizenziert worden war. IBM räumt zwar ein, dass alle kommerziellen Unix-Derivate, die in dieser Zeit entwickelt wurden, auf Unix System V basieren und die Rechte daran mittlerweile bei SCO liegen. Das hauseigene Betriebssystem AIX sei jedoch eine eigene Weiterentwicklung und kein modifiziertes SCO-Unix. (ls/lex)