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SAP und IBM feuern Breitseite gegen Oracle

07.12.1999
DB2 ist ab jetzt Datenbank der Wahl

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Galt bisher Oracles Datenbank als der Informationsspeicher Nummer eins für die Software der SAP AG, soll nun Big Blues "DB2 Universal Database" diese Rolle übernehmen. Mit einem weltweiten Vertriebs-, Marketing- und Entwicklungsabkommen untermauern die beiden Unternehmen ihre Allianz.

Die IBM-Datenbank soll speziell bei den neuen Internet-Produkten "Mysap.com" dem Konkurrenzprodukt von Oracle den Rang ablaufen. DB2 wird als Basis für die Mysap.com-Lösungen "Workplace Server", "Business-to-Business Procurement", "Strategic Enterprise Management", "Knowledge Management" und "Customer Relationship Management" zum Einsatz kommen.

Damit aber nicht genug: Im gleichen Atemzug verabschieden sich die Walldorfer von Oracle als bevorzugte Entwicklungssystem für IBM-, Sun- und Linux-Plattformen. Mit Hewlett-Packard (HP-UX) und Compaq (True 64) stehe man darüber hinaus in Verhandlungen über eine DB2-Portierung, teilte IBM mit. Zudem plant SAP, mit den eignen intern eingesetzten R/3-Anwendungen auf die IBM-Engine zu migrieren. Es sei allerdings nicht SAPs Intention, bestehende Kunden zu einem Wechsel von Oracle auf DB2 zu bewegen, beteuert Stephan Rossius, Leiter des SAP IBM Competence Centers in Walldorf.

"Hasso Plattner [Vorstandsvorsitzender der SAP, Anm. der Red.] hat wieder ausgeschlagen", kommentiert SAP-Kenner Helmuth Gümbel den Seitenhieb gegen Oracle. Es sei schon länger geplant, in puncto Datenbanken ein Gegengewicht zu Oracle zu schaffen. Über 70 Prozent der R/3-Installationen liefen auf dieser Datenbank. Dadurch verdiene die Company aus Redwood Shores, Kalifornien, kräftig, und das sei Plattner und Co. seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge.

Überdies macht der Oracle-Boss Larry Ellison in den USA derzeit Stimmung gegen SAP. Das Schlachtfeld ist dabei das Internet, wo Oracle die Analysten und Anwender davon überzeugen möchte, daß Lösungen aus ihrem Hause die bessere Wahl seien. Glaubt man den Aussagen von Marktbeobachtern, scheint diese Kampagne auch Erfolg zu haben.

SAP-Manager Rossius sieht davon ab, die zwischen Ellison und Plattner offen ausgetragene Fehde zu kommentieren. Für ihn ist vor allem die Vielzahl unterstützter Hard- und Software ein Argument für Big Blues Datenbank: "DB 2 soll die plattformunabhängige Lösung für SAP werden." Das Produkt sei für 23 verschiedene Hardware- und Betriebssystem-Kombinationen verfügbar und somit bestens für ein verteiltes Computing im Zeitalter von Internet-Anwendungen gerüstet. Hier würden neben zentralen großen Datenspeicher viele auf unterschiedlichsten Server- und Client-Betriebssystemen verteilte Applikationen installiert, die dann integriert werden müßten. Anwendern käme es deshalb entgegen, wenn sie bei einer heterogenen Applikationslandschaft wenigstens auf eine homogene Datenbankplattform zurückgreifen könnten.

Weitere Argumente für SAPs Engagement sei die Skalierbarkeit des IBM-Produkts. Rossius: "DB2 ist vom Palmtop über Laptops bis hin zum Mainframe-Systemen verfügbar. Außerdem unterstützt sie eine Parallel-Verarbeitung, die beim Data-Warehouse-Produkt ´SAP BW´ für eine Leistungspritze sorgt."

Big Blue möchte das ambitionierte Ziel, Oracle zu verdrängen, mit Hilfe einer eigenen SAP-DB2-Vertriebsmannschaft erreichen. Diese soll unabhängig vom Hardwareverkauf agieren, so Jim Kelly, Vice-President für Marketing Data Management Solutions Division von IBM.

Aus Sicht von Analyst Gümbel war der Schulterschluß der beiden Branchenriesen längst überfällig: "SAP mußte IBM mal wieder etwas Gutes tun, denn sonst schaut sich Big Blue bei anderen Software-Anbietern um." So geschehen im Bereich Customer-Relationship-Management: Dort kooperieren die Armonker nach dem Ausstieg aus ihrer eigenen Produktschiene "Corepoint" eng mit Siebel. Auch im ERP-Umfeld hat sich IBM anderweitig Standbeine gesucht: Neben der historisch engen Bindung an J.D. Edwards wurde in diesem Sommer eine "Implementation Factory" für Baan-Software eingerichtet.