Warum investiert SAP 3,4 Milliarden Dollar in ein Cloud-Startup, das im letzten Geschäftsjahr lediglich 206 Millio-nen Dollar umsetzte und sich in einem Markt bewegt, dessen weltweites Volumen auf rund 3,5 Milliarden Dollar geschätzt wird? Die Tatsache, dass Successfactors (siehe Seite 6) im Markt für Talent-Management-Lösungen eine echte Hausnummer ist und noch im März weit an der Spitze des Magischen Quadranten von Gartner auftauchte, ist zwar eine Erklärung, aber die Frage nach der hohen Kaufsumme - das 16,5fache des Jahresumsatzes - bleibt.
Eine nahe liegende Antwort: SAP ist im Zugzwang. Der Anteil der Cloud-Geschäfte der Walldorfer liegt derzeit trotz der aufwendig entwickelten Mittelstandssoftware Business ByDesign bei unter fünf Prozent. Sieht man sich die stattlichen Wachstumsraten in den weltweiten Cloud-Märkten an und hält sich vor Augen, wie schnell und radikal sich derzeit das Softwarenutzungs-Verhalten ändert, ist diese Zahl unbefriedigend. SAP muss etwas tun!
Der strategische Ansatz "Innovation without Disruption" trägt nicht mehr. Die Veränderungen im Software-Business sind eindeutig disruptiv! Cloud-Anwendungen werden anders entwickelt, vermarktet und genutzt als stationär installierte Software. SAP hat sich deshalb zu Recht entschieden, auf Shopping-Tour zu gehen. Mit dieser Strategie stehen die Deutschen auch nicht allein. Erst vor kurzem hatte Oracle RightNow übernommen, um im CRM-Geschäft eine Antwort auf den Cloud-Herausforderer Salesforce.com zu finden. Andere Hersteller, beispielsweise IBM, haben sich ebenfalls am Markt bedient.
Es geht bei den Cloud-Übernahmen nicht nur um zukunftsfähige Produkte und Cross-Selling-Optionen. Ebenso wichtig sind die oft jungen, Web-affinen Mitarbeiter, die einen kulturellen Wandel im Stammhaus einleiten können. SAP ist nicht nur an Successfactors interessiert, sondern auch an dessen Gründer Lars Dalgaard und seinem Team. Dalgaard soll künftig das ganze Cloud-Portfolio der SAP managen - und einen Vorstandsposten kann er auch haben, wenn er denn möchte.