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Richter watscht SCO ab

10.02.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Antrag von IBM, die Klage von SCO in toto ("summary judgment") abzuweisen, ist vor Gericht abgelehnt worden. Aber die Begründung von Richter Dale Kimball ist für SCO niederschmetternd. Die Company aus Utah klagt gegen Big Blue auf fünf Milliarden Dollar Schadensersatz, derzeit mit der Argumentation, IBM vertreibe weiter seine Unix-Variante AIX, obwohl die Lizenz entzogen sei.

Richter Kimball kanzelte SCO regelrecht ab: "Trotz der tiefen Kluft zwischen SCOs öffentlichen Erklärungen und den tatsächlichen Beweisen - oder dem völligen Fehlen solcher - sowie der daraus resultierenden Versuchung, dem IBM-Antrag zuzustimmen, hat das Gericht entschieden, dass es zu früh sei, diese Entscheidung zu fällen", schrieb Kimball in dem Urteil. "Es ist erstaunlich, dass SCO keinerlei kompetente Beweise vorgelegt hat, um den umstrittenen Punkt zu stützen, ob IBM durch die Linux-Aktivitäten SCOs angebliche Urheberrechte verletzt hat."

Darüber hinaus äußerte der Richter sein Unverständnis gegenüber SCOs Änderungen der Klage. Ursprünglich war IBM verklagt worden, weil sie urheberrechtlich geschützten Unix-Code in Linux eingebracht und Geschäftsgeheimnisse preisgegeben haben soll (Computerwoche.de berichtete). Eine Zeit lang schwankte SCO zwischen diesen beiden Hauptvorwürfen. Inzwischen bemüht SCO den Punkt des fortgesetzten AIX-Vertriebs. Gleichzeitig aber macht das Unternehmen Urheberrechtsverletzungen zum zentralen Punkt seiner Verfahren gegen Novell und Red Hat. Dass SCO den grundsätzlicheren Klagepunkt der Urheberrechtsverletzungen gegen IBM hingegen nicht aufrechterhält, nannte Richter Kimball "rätselhaft".

Erst vor kurzem hat SCO (wie hier berichtet) die Herausgabe von IBM-Unix-Code und schriftlichen Unterlagen erstritten, um den Kopiervorwurf belegen zu können. IBM hatte im Gegenzug von SCO die Herausgabe von Unix-Quellcode und Dokumenten über seine Entwicklung bei SCO verlangt. Zur Verwunderung von Gericht und Prozessbeobachtern hatte SCO die Übergabe von Code und Dokumenten als zu beschwerlich abgelehnt. (ls)