Automatischer Fremdsprachen-Übersetzer "Systran" in Bonn vorgestellt:

Raumfahrt-Dolmetsch spricht jetzt auch deutsch

08.12.1978

BONN/MÜNCHEN - "Systran", von dem kalifornischen Wissenschaftler Dr. Peter Toma ursprünglich für das sowjetisch-amerikanische Gemeinschaftsprojekt "Apollo/Sojus" entwickelt, ist der erste "automatische Dolmetscher" für schnelle und wirtschaftliche Übersetzungen aus dem Deutschen ins Englische.

Das Toma-System, derzeit auf IBM 360/370 implementierbar (rund 20 Assembler-Programme, Hauptspeicherbedarf 400 K), wurde jetzt im Rechenzentrum der Universität Bonn Ministerialen des Auswärtigen Amtes sowie Vertretern der Wirtschaft vorgeführt.

Wie ein Sprecher des Münchner Systran-Instituts, das die Demo arrangiert hatte, der COMPUTERWOCHE erklärte, wäre Deutsch wegen der Großschreibung der Hauptwörter als Quellsprache besonders gut geeignet, "aber es sind auch ein paar geniale Gags drin".

So könnten beispielsweise unterschiedliche Übersetzungswünsche für bestimmte mehrdeutige Wörter und Wortkombinationen berücksichtigt werden. Besonders stolz sind die Systran-Leute auf die Fähigkeit des "Autoübersetzers", Sinnzusammenhänge (Semantik) zu erkennen: "Er merkt sich inhaltliche Beziehungen zum letzten übersetzten Satz".

Nicht nur für Linguistischer interessant: Systran ist vom Zugriff her ein Datenbank-Konzept - für die Verfeinerung von Konditionen (Grammatik, Interpunktion) wird eine Baumstruktur verwendet.

Sorgen bereitet den Entwicklern eigentlich nur noch der "Filter", der vor der Spracheingabe aktiv ist: der Mensch.

Somit präsentiert sich der CTV-Markt mit beträchtlicher Dynamik. Die haupteinflußfaktoren, die den künftigen Textverarbeitung bestimmen, lassen sich wie folgt charakterisieren:

- Wachsende Stückzahlen, steigender Wettbewerbsdruck, vor allem die sinkenden Kosten für elektronische Bauelemente führen zu einem fortlaufenden Absinken der Preise;

- die hohe Zahl der Anbieter (zur Zeit noch mit steigender Tendenz) bewirkt einen wachsender Propagandaeffekt für die Textverarbeitung;

- das Büro wird vom Anwender in zunehmendem Maße als Rationalisierungsfeld entdeckt.

Gleichwohl darf nicht verkannt werden, daß der noch hohe Preissprung von der normalen Schreibmaschine (zirka 2000 Mark) zum preiswertesten Textverarbeitungssystem (8000 bis 10 000 Mark) jenes Anwenderpotential schwer erschließen läßt, das an Arbeitsplätzen besteht, die nicht ausschließlich mit Textverarbeitungsaufgaben beschäftigt sind. Das gilt insbesondere für Sekretariats- und .Sachbearbeiterplätze. Hinzu kommt, daß das organisatorische Wissen um die Einsatzmöglichkeiten der CTV noch unterentwickelt ist und in vielen Büros noch Akzeptanzprobleme bestehen

Auch auf seiten der Anbieter bestehen heute noch Bremsfaktoren, die vor allem in der noch fahrenden geeigneten Vertriebsformat zu suchen sind. Heute dominiert noch der kostenaufwendige direkte Kontakt zum Kunden über fachlich versierte Vertriebsspezialisten, was das Produkt zwangsläufig verteuern muß.

In Zukunft werden sich vermutlich zwei zusätzliche Vertiebsformen her ausbilden:

-Vertrieb über einen servicearmen Fachhandel beziehungsweise über Kaufhäuser;

- Vertrieb über einen fachlich kompetenten Systemspezialisten, der in Verbindung mit anderen Büromaschinen und Kommunikationssystemen eine auf die Belange des Kunden zugeschnittene optimale Lösung entwirft.

Sind erst einmal diese Bremsfaktoren beseitigt, so wird es denkbar, daß die für 1985 vorhergesagten Absatzziffern deutlich überschritten werden können.

Gudrun Bäuml, Thomas Center und Fritz Reinhard Müller sind Mitarbeiter der Diebold Deutschland GmbH, Frankfurt.