Nutzer beugen sich dem SAP-Druck

12.02.2007
Viele R/3-Anwender steigen dieses Jahr auf Mysap ERP 2005 um. Doch SOA-Technik ist nur selten das Zugpferd.

Lange hatte es gedauert, bis SAP den Kunden eine plausible Grundlage dafür liefern konnte, ihre R/3-Systeme auf das neue Produkt "Mysap ERP 2005" umzustellen. Nun scheint die Wartungs- und Release-Politik der Walldorfer aufzugehen. Nach Darstellung der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) bereiten derzeit zahlreiche R/3-Nutzer einen Umstieg auf das aktuelle ERP-Release vor. "Ostern werden sehr viele Upgrades laufen", sagt Stefan Klose voraus.

DSAG-Umfrage

Warum migrieren Sie auf Mysap ERP 2005?

Wegen der Wartung 47

Neue Funktionen 38

Enterprise SOA 6

Welche ERP-Software nutzen Sie?

Anteil Anwender mit R/3 74

Anteil Anwender mit Mysap ERP 2005 15

Befragt wurden 337 DSAG-Mitglieder (Angaben in Prozent)

Wartungsdruck

R/3-Kunden vollziehen den Softwarewechsel einerseits, weil das weit verbreitete Release R/3 4.6C Ende 2006 aus der Standardwartung gefallen ist. Wer dieses System weiterhin betreiben möchte, muss einen erhöhten Wartungssatz von 19 Prozent der Lizenzkosten an SAP überweisen. Ein zweiter Grund: Nachdem der Softwarekonzern im letzten Jahr angekündigt hatte, bis 2010 kein neues ERP-Release mehr zu liefern, sondern Neuerungen über "Enhancement Packages" zur Verfügung zu stellen, besteht für R/3-Nutzer Planungssicherheit. Zuvor hatte SAP alle zwölf bis 18 Monate eine neue ERP-Version in Aussicht gestellt.

Bisher nicht aufgegangen ist hingegen SAPs Strategie, die Kunden für Service-orientierte Techniken zu begeistern. Bei den meisten Upgrade-Projekten von R/3 auf Mysap ERP 2005 handelt es sich vielmehr um technische Wechsel: Anwender tauschen ihr R/3-System gegen die "ERP Central Component 6.0" aus, das ist der Kernbestandteil der Software und eine Weiterentwicklung von R/3. " Das technische Upgrade ist bei vielen Unternehmen der erste Schritt. Nur eine Minderheit vollzieht die Installation des neuen Produkts unmittelbar aus strategischen Erwägungen", bestätigt Andreas Oczko, Mitglied des Vorstands der DSAG und verantwortlich für Service und Support. Für viele Anwender sind die von der SAP oft beschworenen Methoden zum Bau von Service-orientierten Anwendungsumgebungen noch Zukunftsmusik, da sie genug damit zu tun haben, zunächst ihre ERP-Installationen zu modernisieren.

Einer Umfrage unter 337 DSAG-Mitgliedern zufolge ziehen rund 47 Prozent der Befragten den Releasewechsel nur wegen der Wartung durch. 38 Prozent wollen umsteigen, um neue Funktionen einsetzen zu können und nur sechs Prozent wechseln auf die neue Technik, weil sie die von SAP skizzierte Enterprise-SOA-Strategie im Unternehmen umsetzen wollen.

Wie es in der Umfrage weiter heißt, planen 39 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder in diesem Jahr den Systemwechsel. Klose zufolge vereinfachen es Methoden und Tools der SAP, die Software zu tauschen. Verglichen mit früheren R/3-Release-Wechseln sei ein Upgrade vom Altsystem auf Mysap ERP 2005 leichter zu erledigen: "Ein technisches Upgrade ist in etwa drei Monaten zu schaffen, allerdings hängt die Dauer immer von der individuellen Situation ab." Dabei sollten Firmen, die R/3 4.6C seit fünf Jahren auf der gleichen Rechnerplattform betreiben, prüfen, ob die Hardware den neuen Anforderungen genügt.

Umstieg auf 64-Bit-Rechner

Bei einigen Kunden steht offenbar ein Rechnerneukauf an, wie die computerwoche am Rande der DSAG-Technologietage am 6. und 7. Februar in Karlsruhe erfuhr. Zu ihnen zählt der Deutsche Sparkassenverlag. Friedrich Schwaab, der dort die Abteilung SAP-Anwendungen leitet, bereitet den Umstieg auf Mysap ERP 2005 für nächstes Jahr vor. Sein Unternehmen wird im Zuge der Migration ein neues 64-Bit-Rechnersystem von IBM anschaffen, was jedoch weniger mit dem Leistungsbedarf des neuen ERP-Produkts als vielmehr mit dem Alter der vorhandenen Hardware zu tun hat. Auch Schwaab begründet den Mysap-Umstieg mit der Wartungspolitik; seit Jahresanfang zahlt der Deutsche Sparkassenverlag 19 Prozent seiner Lizenzkosten für Wartung. Ein weiterer Grund ist die SAP-Industrielösung für Medienhäuser "IS-Media". Das vom Verlag genutzte Release 4.63 befindet sich schon seit einiger Zeit nicht mehr in der Wartung; Patches ließen sich nicht mehr einspielen. "Wir sind durch SAP gezwungen, etwas zu tun", kommentiert Schwaab. Die Nachfolgeversion von IS-Media setze Mysap ERP 2005 voraus.

Darüber hinaus untersucht Schwaab, ob die Schnittstellen mit Lieferanten auf Netweaver umzustellen sind, was mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. "Wir stehen hier noch am Anfang." Service-orientierte Funktionen lehnt der SAP-Verantwortliche zwar nicht ab, sie werden jedoch erst nach dem Umstieg ein Thema.