Rechtliche und finanzielle Folgen

Neue Gesetze für IT-Sicherheit werden nicht billig

12.05.2015
Von   IDG ExpertenNetzwerk und
Mareike Christine Gehrmann ist Salary Partner bei der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing und Fachanwältin für Informationstechnologierecht. Seit 2015 ist sie Mitglied im IDG-Expertennetzwerk.
Detlef Klett ist Partner in der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf. Er hat  sich auf die rechtliche Beratung in den Bereichen IT, Telekommunikation und Datenschutz spezialisiert. Klett berät das Bundesministerium des Innern und seine nachgelagerten Bereiche sowie namhafte Wirtschaftsunternehmen. 

Milliardenkosten durch Meldepflicht?

Dennoch, die Umsetzung der geplanten Maßnahmen wird zu erheblichen Kosten sowohl auf Seiten des Staats als auch auf Seiten der Wirtschaft führen. So schätzt der Gesetzgeber, dass allein bei den zuständigen Sicherheitsbehörden bis zu 425 neue Planstellen benötigt werden. Unklar ist derzeit, welche finanziellen Belastungen die Wirtschaft tragen wird. Allein die Erfüllung der Meldepflicht wird nach Schätzungen des Bundesministeriums des Innern jährlich 9,24 Millionen Euro kosten. Der Bitkom geht sogar von Kosten bis zu 1,1 Milliarden Euro pro Jahr aus, je nachdem wie viele Unternehmen als Betreiber Kritischer Infrastrukturen eingestuft werden.

Derselbe Aufwand soll auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetzen, Anbieter von Telekommunikationsleistungen oder Betreiber von Atomanlagen für die Aufrechterhaltung und Erweiterung der bereits bestehenden Meldeverfahren zukommen. Die Kosten für die Entwicklung, Umsetzung und Einhaltung der branchenspezifischen Mindeststandards sind hier noch nicht eingerechnet.

Doch nicht nur der deutsche Gesetzgeber nimmt sich der Bekämpfung der Cyberkriminalität an. Auch die Europäische Union arbeitet derzeit an einer Richtlinie. Die Richtlinie verfolgt hierbei dieselbe Strategie. Auch hier sollen die Mitgliedstaaten Netz- und Informationssicherheits-strategien entwickeln sowie eine Fachbehörde für Cybersicherheit einrichten, die - und hierin unterscheidet sich die Richtlinie im Wesentlichen vom Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes - zusätzlich die IT-Sicherheitsvorfälle untersuchen und den Betreibern kritischer Infrastrukturen Anweisungen erteilen kann. Die Zustimmung des EU-Rates zu dieser Richtlinie steht bislang noch aus.

Fazit

Erstmals erkennt der deutsche Gesetzgeber die Informationstechnologie als ein wesentliches Wirtschaftsgut unseres Staates an. Diese Erkenntnis kommt spät, aber immerhin sie kommt. Bereits jetzt sind mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland vom Internet abhängig. International tätige Wirtschaftsunternehmen sind bereits heute ohne eine funktionierende IT nicht mehr überlebensfähig. Demzufolge ist das IT-Sicherheitsgesetz zumindest ein Anfang.

Dennoch, die späte Erkenntnis wird sowohl Staat als auch Wirtschaft viel Geld kosten. Den Schaden, den Cyberangriffe bereits verursacht haben, nicht mitberücksichtigt. So birgt die Umsetzung des Gesetzentwurfs noch erhebliche Unsicherheiten und eine willkommene Spielwiese für Berater; sowohl auf staatlicher als auch auf privatwirtschaftlicher Seite. Weder die Anforderungen an die branchenspezifischen Mindeststandards sind hinreichend konkretisiert, noch ist vorhersehbar, wie effektiv die Meldepflicht zur Bekämpfung der Cyberkriminalität sein wird. Ein erheblicher Bürokratieaufwand insbesondere zur Erfüllung der Meldepflichten wird nicht nur die zuständigen Sicherheitsbehörden, sondern vor allem die Unternehmen überrollen. Um welchen Preis? Das ist ungewiss, mindestens wohl 9,24 Millionen jährlich. Auch ist unklar, wie viele Unternehmen als Betreiber Kritischer Infrastrukturen eingestuft werden. Von 2000 Betreibern geht die Bundesregierung derzeit aus.

Eine funktionierende Informationstechnologie als Wirtschaftsgut: Mit dieser Erkenntnis beginnt das 21. Jahrhundert nun auch in den Gesetzestexten. Wie effektiv die geplanten Maßnahmen jedoch sein werden, wird die Praxis zeigen. Nachträgliche Anpassungen sind bereits vorprogrammiert. Immerhin, der Grundstein ist gesetzt. (sh)