Mosaic fuer Modembetrieb optimiert US-Anbieter praesentieren eine Flut neuer Internet-Werkzeuge

23.09.1994

ATLANTA (hi) - Waehrend in Deutschland viel ueber die Zukunft von Internet diskutiert wird, gehen die Amerikaner das Thema pragmatisch an. Neue Tools fuer den Zugriff von PC- und Mac-Anwendern auf Internet, von US-Companies auf der Networld+Interop vorgestellt, beweisen den Stellenwert des Netzes in den USA. Internet, das hierzulande noch einer relativ kleinen Gemeinschaft mit rund 100000 Anwendern ueberwiegend im Hochschulbereich vorbehalten ist, entwickelt sich jedenfalls in Amerika laengst zum alltaeglichen Kommunikationsmittel im Geschaeftsleben.

Hatte die deutsche Internet-Gemeinde mit unseren Erfahrungen als PC-User (vgl. CW Nr. 35 vom 2. September 1994, Seite 8) wenig Mitleid und empfahl lapidar den Umstieg auf Unix-basierte Maschinen, bringen die US-Hersteller mehr Verstaendnis fuer den PC- Anwender auf. Nachdem TCP/IP-Stacks bereits zum Standardangebot vieler Softwarehaeuser gehoeren, standen auf der Networking-Messe jetzt solche Tools im Mittelpunkt, die bei der Navigation durch die Informationsvielfalt des Netzes behilflich sein sollen.

Point-and-click mit Hilfe von "Internet in a box"

Mit "Internet in a box" stellte die Spry Inc. ein Programmpaket vor, das Point-and-click-Applikationen enthaelt: Dazu gehoeren unter anderem Windows-Utilities fuer Filetransfer, Telnet, Gopher, E- Mail, Usenet News und World Wide Web (WWW). Neulinge unterstuetzt das Paket mit einem Tool zur Registrierung, das dem Internet- Reisenden die Wahl zwischen 100 PPP-Providern und 300 Modemtypen laesst.

Frontier Technologies wartete mit einem Internet-Werkzeug auf, das auf dem hauseigenen "Super TCP/NFS for Windows" aufsetzt. Hinter dem publicity-traechtigen Namen "Superhighway Access" verbirgt sich ein 149 Dollar teures Softwarepaket mit einem E-Mail-System sowie News Reader. Aehnlich wie bei der Konkurrenz runden weitere Tools zur Nutzung von Telnet FTP, WWW, Archie, Gopher und WAIS-Dienste (Wide Area Information Server) das Angebot ab. Der Zugang zum Internet erfolgt ueber die Protokolle PPP, SLIP, C-SLIP.

Ein besonderes Attribut des Frontier-Pakets ist ein Retrieval- Mechanismus, der die teilweise langwierigen Suchzeiten auf dem Internet verkuerzen soll. Das Suchinstrument erlaubt laut Hersteller die Eingaben von Kategorien wie Finanzen, Gesundheitswesen oder Rechtsprechung und durchforstet dann die jeweiligen Server.

Speziell dem Thema E-Mail via Internet hat sich die Mortice Kern Systems Inc. aus Waterloo in Kanada angenommen. Mit "Internet Anywhere" vertreibt das Unternehmen eine Windows- basierte E-Mail-Software, die dem Anwender die Organisation seiner elektronischen Post erleichtern soll. Dazu gehoert unter anderem, dass sich offline geschriebene Mails automatisch zu einem definierten Zeitpunkt versenden lassen und auch der Empfang neuer Post sowie die Aktualisierung der Newsgroups selbstaendig erfolgen.

Laut Hersteller kann Internet Anywhere auch in lokalen Netzen im automatischen Betrieb eingesetzt werden, da das Tool mit UUCP (unix-to-Unix Protocol) ein nicht-interaktives Protokoll verwendet und somit teure TCP/IP-Schutzmassnahmen entfallen.

Auch Quarterdeck Office Systems, eher bekannt fuer Speicherverwaltungs-Software, arbeitet an Internet-Tools. Neben einem WWW-Browser will die Company ein "HTML Authoring Tool" sowie einen "Web Server for Windows" entwickeln.

An Anwender mit kleinem Budget hat die Mosaic Communications Corp. jetzt auch gedacht, als sie das aktuelle Release ihres bekannten Internet-Interfaces neu programmierte. Die Maechtigkeit der alten Version begruendet Paul Koontz, Marketing Vice-President bei Mosaic Communications, mit der Entwicklung fuer den Kunden NCSA: "Wir hatten dort eine Supercomputing-Umgebung, bei der Bandbreite wie Leitungswasser zur Verfuegung stand", sagte Koontz. Kein Wunder, dass Mosaic bisher in Verbindung mit 14 400-Bit/s-Modems nur sehr langsam funktioniert und die meisten Service-Provider den Anwendern zumindest in Europa ISDN-Zugaenge nahelegen. Die neue Version "Netsite" ist nun laut Koontz fuer den Modembetrieb optimiert und erlaubt den gleichzeitigen Versand und Empfang von Informationen. Um Unternehmen endlich auch zu kommerziellen Angeboten auf dem Internet zu bewegen, praesentierte Mosaic Communications den "Netsite Commerce Server". Fuer das Produkt sollen im naechsten Jahr Zusatzmodule zum "Transaction Monitoring" und "Credit Card Verification and Billing" erhaeltlich sein.

Den Sorgen der Netzadministratoren in puncto Sicherheit nahm sich die Livingston Enterprises Inc. an: Fuer rund 3200 Dollar zeigte das Unternehmen den "Firewall IRX Router", der Schutz vor ungebetenen Besuchern gewaehrleisten soll. Dazu bietet der Router die Option zur Einrichtung physikalischer Partitionen sowie zum Filtern der Pakete, die sich zur Feststellung eines moeglichen Eindringversuchs auch aufgezeichnen lassen. Die Verbindung zur Aussenwelt stellt das Geraet ueber synchrone und asynchrone Verbindungen mit Transferraten von 14 400 Bit/s bis zu T1- Geschwindigkeit her und unterstuetzt das Routing von TCP/IP auf IPX.

Im Reigen der Produktankuendigungen fehlte auch die Nummer eins in Sachen Networking nicht. Novell will einen Mosaic-basierten Browser fuer die WWW-Server auf den Markt bringen. Er soll unter Netware laufen und so LAN-Workplace-Clients mit ein und demselben Front-end den Zugriff auf Netware- oder WWW-Server erlauben.

Auch Macintosh-Fans, die bisher eher im Regen standen, wurden auf einem Messerundgang in Sachen Internet fuendig. Intercon Systems Corp. kuendigte mit "TCP/Connect II" ein Bundle an, in dem die wichtigsten Applikationen wie Telnet, Gopher, E-Mail und andere Internet-Zugangsverfahren integriert sind. Darueber hinaus wird eine Profiversion des Pakets mit Ethernet-Treibern und Zugangsmoeglichkeiten via SLIP und PPP erhaeltlich sein. Zusaetzlich erlaubt das neue grafische Interface nach den Worten von Brian Lichorowic, Marketing Vice-President bei Intercon, eine intuitivere Bedienung der Internet-Werkzeuge.