Mit dem fliegenden Teppich durch das Peer-to-peer-Netz

01.10.1993

Es ist schon maerchenhaft, was das Jahr 1993 der Netzwerkszene beschert: Da zaubern die Hersteller am laufenden Band neue ATM- Produkte aus dem Hut, ohne einen festgeschriebenen Standard zu haben, Mainframe-Oldies wie IBM versprechen den Anwendern mit ODA die heile, offene Welt, und Novells Ober-Guru Ray Noorda sprengt mit seiner Appware-Vision gar die Grenzen unterschiedlicher Hardware-Plattformen. Doch was manchem Anbieter jetzt einfaellt, haette sicher die Phantasie der Brueder Grimm ueberfordert: Peer-to- peer, so die neue Philosophie der Produzenten, ist das Netzkonzept der Zukunft. Die versammelte Schar der amerikanischen Auguren klatscht auch schon brav Beifall.

Vor ein paar Jahren noch mitleidig als Spielzeugnetz fuer Arztpraxen und Anwaltskanzleien belaechelt, sind die Leichtgewichte auf einmal salonfaehig. Nach den Mainframes, den Client-Server- Konzepten nun also Peer-to-peer als der Weisheit und Kosten letzter Schluss? Wohl kaum! Sicherlich die Kosten fuer dedizierte Server-Systeme marschieren mit den immer hoeheren Anforderungen an Sicherheit und Zuverlaessigkeit schon annaehernd in Richtung Mainframe, doch der Traum von der demokratischen Anarchie im Netz mit Hilfe der kostenguenstigen Peer-Technologie entpuppt sich beim naeheren Hinsehen als Luftschloss. Denn um das strukturierte Chaos zu verwalten, waeren beim gegenwaertigen Stand der Peer-Technologie Heerscharen von Administratoren erforderlich, oder kennen Sie einen Netzverwalter, der auf einem fliegenden Teppich im Unternehmen von Peer zu Peer eilt.

Von der Sicherheit dieser Netze ganz zu schweigen, Passwoerter werden, als Einladung fuer Hacker, bei vielen Systemen gleich auf der Festplatte am Arbeitsplatz gespeichert. Um dies zu vermeiden und sensible Daten wirklich zu schuetzen, haben die Peer-to-peer- Befuerworter sofort eine Loesung parat: Sie empfehlen die ach so teuren dedizierten Server, die sie eigentlich mit ihrem Konzept abschaffen wollten. hi