Proprietaere Veraenderung eines offenen Standards

Microsoft haelt TCP/IP-Features vor Konkurrenten noch geheim

12.04.1996

Anlass fuer den Aerger war, dass Anwendungen, die mit den Microsoft-Tools geschrieben wurden, bei der Verwendung von TCP/ IP-Stacks anderer Hersteller abstuerzen. Betroffen sind unter anderem auch Microsofts Browser "Internet Explorer" und das Grafikprogramm "Power Point 7.0". Die Unvertraeglichkeit fuehrt der unabhaengige Softwaretester Stardust Technology Inc. auf proprietaere Erweiterungen in der Windows-Implementierung der TCP/ IP-Programmier-Schnittstelle "Berkeley Sockets" (Winsockets) zurueck. Diese zusaetzlichen Funktionen zur Benutzung des Netzwerkprotokolls sind so schlecht dokumentiert, dass sich angeblich nicht einmal die Microsoft-Programmierer ueber ihre Verwendung im klaren waren.

Der Vorfall koennte Microsofts Internet-Ambitionen schaden. Bei Nutzern des weltweiten Netzwerks herrscht grosses Misstrauen gegenueber herstellerspezifischen Technologien, offene Standards haben einen hohen Stellenwert.

Von Mitbewerbern wird nun der Vorwurf laut, Microsoft wolle den offenen Standard TCP/IP proprietaer veraendern. Als diese Anschuldigung ruchbar wurde, reagierte der Softwareriese rasch und soll nach Aussage von Stardust den Softwaretester unter Druck gesetzt haben, die geplante Pressemitteilung zurueckzuhalten. In Redmond verteidigte man sich damit, dass die eigenmaechtigen Erweiterungen ohnehin zum offiziellen Umfang der Win- sockets 2.0 gehoeren sollen. Diese werden Unternehmensangaben zufolge noch 1996 freigegeben.