On-Board-Unit aus Redmond soll 2006 auf den Markt kommen

Microsoft bastelt an digitalem Beifahrer

05.12.2003
MÜNCHEN (CW) - Selbst Autofahrer sind vor Microsofts Expansionsdrang nicht mehr sicher. Der Konzern will ein Einbaugerät namens "Tbox" auf den Markt bringen, das die zentrale Kommunikationsplattform für den Fahrer darstellen soll. Zudem soll das System dazu dienen, LKW-Flotten zu steuern und Mautgebühren zu kassieren.

Vor einigen Jahren hatte Microsoft erklärt, in jeden Haushalt einen PC bringen zu wollen. Nun plant der Softwarekonzern jedes Auto mit seiner Software auszustatten, sagte Dick Brass, Vice President der Automotive Business Unit, auf der vom Cascadia Project des Discovery Institute unterstützten Fachtagung "Technology, Tolls and Transportation".

Laut Brass müssten sich Autofahrer heute mit unterschiedlichen Geräten wie Mobilfunktelefonen, Navigationssystemen und Audioanlagen herumärgern. Mit der Tbox, die in zwölf bis 36 Monaten zur Verfügung stehen soll, benötigten sie nur ein Steuerungssystem. Über den Funktionsumfang ist sich Microsoft noch nicht im Detail im Klaren. Auf alle Fälle wird die Zauberbox über einen Prozessor und eine Festplatte verfügen und sowohl mit der Fahrzeugelektronik als auch mit Mobilfunknetzen und dem Global Positioning System (GPS) verbunden sein. Die Software könne den Fahrer zum Beispiel per Sprachausgabe darüber informieren, wann ein Ölwechsel nötig ist. Auch ein Navigationssystem oder - für Deutschland besonders interessant - die automatisierte Abrechnung von Mautgebühren sei möglich. Ferner könnten über die Tbox Fahrzeuge untereinander kommunizieren, um so durch intelligente Verkehrssteuerung Staus zu vermeiden. Ganze Fuhrparks ließen sich so steuern, die Auslastung von Lastwagen optimieren und Leerfahrten reduzieren, schwärmt der Microsoft-Manager.

Mit der Windows-Box fürs Auto möchte Microsoft einen riesigen Markt bedienen. Weltweit sind 650 Millionen Autos zugelassen, jedes Jahr werden 50 Millionen neue Fahrzeuge produziert. Im Geschäft für Fahrzeugelektronik mischt Microsoft ohnehin schon mit. So liefert der Softwareproduzent Embedded-Systeme an BMW für die 7er-Reihe sowie an Citroën, Daimler-Chrysler, Fiat, Volvo, Hyundai, Mitsubishi, Subaru und Toyota. Auf der amerikanischen Fachmesse Comdex präsentierte Microsoft einen BMW X5, der mit einem Prototypen eines sprachgesteuerten Kommunikationssystems ausgestattet war, mit dem die Insassen Verkehrsnachrichten abrufen sowie auf ihre E-Mails zugreifen können.

Microsofts Anteil am Markt für Embedded-Software in Fahrzeugen liegt bei derzeit etwa zehn Prozent. Der Konzern steht im Wettbewerb mit Spezialisten wie QNX Software Systems und Wind River. Seine Position will der Hersteller kräftig ausbauen: "In drei Jahren werden 30 Prozent aller Autos über ein Windows-CE-basierendes Gerät verfügen", behauptet Firmengründer Bill Gates. Windows CE ist eine für Embedded-Systeme angepasste Variante des Desktop-Betriebssystems.

Wie hartnäckig Microsoft seine Pläne verfolgt, zeigt sich am Markt für Handy-Software. Nach zahlreichen gescheiterten Versuchen gelang es der Gates-Company schließlich, mit Motorola eine Allianz zu schmieden. Seit Oktober dieses Jahres liefert der amerikanische Telefonhersteller ein mit "Windows Mobile 2002" ausgestattetes Handy aus. (fn)