Markteinfuehrung von NT mit Windows-95-Oberflaeche steht noch in den Sternen Microsoft verschiebt Freigabe von Cairo auf "irgendwann 1996"

02.12.1994

MUENCHEN (CW) - Microsoft hat den Auslieferungstermin seines objektorientierten Betriebssystems "Cairo" abermals verschoben. Auch die angekuendigte Interimsversion von Windows NT, die mit "Indy", einer grafischen Benutzeroberflaeche nach Art des Desktop- Betriebssystems Windows 95, geliefert werden sollte, ist in weite Ferne gerueckt.

Die Behauptungen zahlreicher Kritiker, Microsoft kuendige Produkte verfrueht an, nicht um sie fristgerecht auszuliefern, sondern um Konkurrenten den Wind aus den Segeln zu nehmen, scheinen sich zu bestaetigen. Nachdem die Freigabe des objektorientierten Windows- NT-Nachfolgers Cairo urspruenglich fuer die erste Jahreshaelfte 1995 und anschliessend auf Ende kommenden Jahres verschoben wurde, sprach Microsofts Executive Vice-President of Products Mike Maples auf der Comdex in Las Vegas von einem Auslieferungstermin "irgendwann 1996".

Einheitliche Oberflaeche haette Kosten reduziert

Auch um die NT-Zwischenloesung, die mit der Windows-95-Oberflaeche Indy zwischen die derzeitige Version von Windows NT und Cairo geschoben werden sollte, ist es schlecht bestellt. Microsoft- Verantwortliche haben der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" zufolge erklaert, die Interimsversion werde moeglicherweise nie das Licht der Welt erblicken, obwohl bereits ein Prototyp der Version in den Testlabors in Redmond im Einsatz sei. "Es waere schoen, wenn die Oberflaeche von Windows 95 auch fuer Windows NT 3.5 vorhanden sein wuerde", raeumte Microsoft-CEO Bill Gates ein. Zwar versuche sein Unternehmen, eine entsprechende Version noch vor Cairo auf den Markt zu bringen. Klare Zusagen koennten allerdings nicht gegeben werden. Die Entscheidung der Gates-Company, moeglicherweise kein oberflaechenoptimiertes NT-Paket anzubieten, drueckt bei einigen Anwendern die Stimmung. Viele Benutzer hatten sich durch ein einheitliches Interface beider Windows-Versionen reduzierte Schulungs- und Supportkosten fuer die Systeme erhofft. "Es wird fuer die Anwender schwierig sein, zwei sehr aehnliche, aber doch unterschiedliche Systeme korrekt zu bedienen", gab Dennis Moran, President von Graphical Bytes Inc. in Southampton, New York, zu bedenken.

Unterdessen scheint man sich bei Microsoft noch nicht klar zu sein, welche Benutzeroberflaeche am besten geeignet ist. Waehrend das Unternehmen seit Wochen fuer die einfache Bedienbarkeit von Windows 95 wirbt, bezweifelte Vice-President Maples die Vorteile der neuen Oberflaeche mit Windows NT: Das Interface von Windows 3.1 beziehungsweise Windows NT 3.5 laufe auf rund 70 Millionen Rechnern, so Maples. Diese Anwender wuerden nicht von heute auf morgen auf Windows 95 umsteigen.