Marketing-Chefs spielen an der Bande mit DV-Anbieter als Sponsoren: Tue Gutes und zeige dein Logo Von Ralf Gruber*

01.10.1993

Ob Davis Cup, Fussball-Bundesliga oder Grand Slam Cup - kaum ein medienwirksames Sportereignis, bei dem DV-Anbieter nicht als Sponsoren auftreten, um ihren Bekanntheitsgrad zu erhoehen. Viele Hersteller engagieren sich darueber hinaus auch im Kultur- und Sozialbereich. Firmenuebergreifendes Motto: Tue Gutes und zeige dein Logo.

Wenn im Davis Cup alljaehrlich Tennis-Nationalmannschaften den Schlaeger schwingen, ist Sponsor NEC mit seinem Firmenlogo ebenso allgegenwaertig wie die gelbe Filzkugel. Trifft sich im Dezember die Tennis-Weltelite zum Grand Slam Cup in Muenchen, ziert der Compaq-Schriftzug Plakate und Praemienschecks. Kaempfen die Duesseldorfer EG um die Eishockeymeisterschaft und der HSV um Bundesligapunkte, dann tun sie das in Trikots mit Epson- respektive Sharp-Aufdruck. Wer es sich unter DV-Anbietern leisten kann, sponsert Vereine und Veranstaltungen und nutzt die Berichterstattung der Medien, um neben den Hauptakteuren im Rampenlicht zu stehen.

Das finanzielle Engagement der Foerderfirmen hat zwei Seiten. Auf der einen finden sich hehre Ziele und gesellschaftliche Aufgaben. So moechte Sponsor NEC beispielsweise "die Verstaendigung unter den Menschen" voranbringen, IBM will "die Bedingungen mitgestalten, unter denen Menschen gerne leben und arbeiten".

Auf der anderen Seite geht es nuechterner zu. Sie wird von betriebswirtschaftlichem Kalkuel und der Ansicht bestimmt, dass Sponsoring die konventionelle Werbung ergaenzen soll, um den Bekanntheitsgrad und damit letztlich auch den Umsatz zu steigern. "Fuer Toshiba ist der Bereich Sponsoring ein Instrument innerhalb der Marketing-Aktivitaeten", erklaert Unternehmenssprecherin Astrid Koehler.

Paul Gregor, Manager Corporate Marketing Communications bei NEC, stellt die Begriffe "Brand image", "Local penetration" und "Image transfer" in den Vordergrund: Sponsoring soll beim Aufbau einer Marke, beim Durchdringen des regionalen Marktes und beim Uebertragen positiver Eigenschaften auf Produkte des Sponsors helfen.

Als Mittel zum Zweck steht dabei besonders der weisse Sport hoch im Kurs. "Tennis und Fussball haben die hoechste Akzeptanz", behauptet Compaq-Marketing-Direktor Walter Kloos und verweist auf eine Studie des Sample-Instituts, wonach beide Sportarten in puncto Interesse und Sponsorenbekanntheit ganz oben rangieren. Fuer Tennis spreche neben dem guten Ruf vor allem das starke Medieninteresse. Nach Angaben von Sat 1 und der Gesellschaft fuer Konsumforschung flimmerte allein der von Compaq unterstuetzte Grand Slam Cup im Dezember 1992 insgesamt 807 Minuten ueber deutsche Bildschirme und erreichte durchschnittlich 1,86 Millionen Zuschauer ueber 14 Jahre.

Von der Tennisbegeisterung versuchen auch andere zu profitieren. NEC tritt als weltweiter Titelsponsor des Davis Cups auf und foerdert in Deutschland zusaetzlich den Federation Cup der Damen. Toshiba unterstuetzt jaehrlich die German Ladies Open in Berlin und sponsert die Bundesligamannschaft des Tennisvereins Blau-Weiss Neuss. IBM finanziert im internationalen Rahmen die ATP-Tour, konzentriert sich in der Bundesrepublik aber auf Leichtathletik - die laut Sample-Studie drittpopulaerste Sportart - und veranstaltet zusammen mit dem Deutschen Leichtathletikverband den "IBM Sprintcup" zur Nachwuchsfoerderung.

Bei der Auswahl von Sportdisziplinen spielt jedoch nicht allein die Fernsehabdeckung eine Rolle. Die Sponsoren achten ebenso auf den Bezug zur Firmenphilosophie. NEC unterstuetzt zum Beispiel ausschliesslich Veranstaltungen, keine Einzelsportler. Wichtige Kriterien sind gemaess dem hauseigenen Motto "Computers and Communications" eine moeglichst weltweite Verbreitung und der sprachueberwindende Gemeinschaftsaspekt, konstatiert NEC-Manager Gregor.

Compaq will sich hingegen als "jung, innovativ und visionaer" (Pressereferentin Marlo Thompson) darstellen und den Anspruch auf "Leadership" zum Beispiel durch den Grand Slam Cup vermitteln, bei dem nur die weltbesten Tennisprofis antreten. Mit der Unterstuetzung von Blau-Weiss Neuss versucht Toshiba, sich am eigenen Standort als eingebuergerter, solider Arbeitgeber zu integrieren, erklaert Oeffentlichkeitsarbeiterin Koehler.

Was sich die einzelnen Hersteller ihre Sponsoring-Aktivitaeten kosten lassen, bleibt ihr Geheimnis. Zahlen werden nicht genannt, bestenfalls angedeutet. Waehrend sich Toshiba und NEC in Schweigen huellen, spricht IBM allein auf Deutschland bezogen von einem siebenstelligen Betrag. Compaqs Kosten bewegen sich nach Unternehmensangaben im einstelligen Millionenbereich.

Um festzustellen, ob sich die Sponsoringausgaben rechnen, setzen die Firmen vor allem auf Studien. Mit Mediaanalysen und Umfragen bei der jeweiligen Zielgruppe wird unter anderem der Bekanntheitsgrad des Unternehmens vor und nach einer Veranstaltung ermittelt. Aus den Resultaten versuchen Compaq & Co. dann, Rueckschluesse auf die Umsatzentwicklung zu ziehen. Der Wert von Einladungen an Grosskunden und Haendler ist hingegen nicht quantifizierbar. Er wird allgemein unter Kontaktpflege verbucht.

Ihr dient auch eine andere Form des Sponsorings, naemlich die Kulturfoerderung. DV-Anbieter betaetigen sich besonders im Bereich klassischer Musik als Maezene und nutzen die Konzerte gesponserter Orchester zur Pflege ihrer Geschaeftsbeziehungen. NEC unterstuetzt das Boston Symphony Orchestra und in Deutschland die Muenchner Philharmoniker, Compaq finanziert das Houston Symphony Orchestra, Toshiba sponsert die Deutsche Kammerakademie und laesst seine Vertriebsabteilungen Kunden zu den Konzerten einladen.

Im Gegensatz zum populaeren Sportbereich halten sich die Sponsoren bei der Kultur aber eher im Hintergrund und begnuegen sich mit dem dezent auf Veranstaltungsplakaten und Programmheften angebrachten Firmenemblem. "Sport kann man pushen", erklaert NEC-Mann Gregor die Zurueckhaltung, "aber mit Kultur zu werben, ist ein heikles Thema." Sein Unternehmen betrachte das Sponsoring der Muenchner Philharmoniker als gesellschaftlichen Beitrag und werbe nicht damit, sagt Gregor.

So halten es auch die anderen Kulturfoerderer in der DV-Branche. Selbst Unternehmen, die wie Compaq ihre Produkte seit einiger Zeit auch auf dem Massenmarkt anbieten, zielen mit ihrer Foerderung zudem ausschliesslich auf den relativ kleinen Kreis der Klassik- und Kunstinteressenten, statt sich an Beispielen aus der Automobilindustrie zu orientieren: Dort warb zum Beispiel Volkswagen im letzten Jahr massiv mit Konzerten der Popgruppe Genesis. Voellig ohne Werbung und deshalb weitgehend unbemerkt von der Oeffentlichkeit laeuft ab, was die Firmen unter Sozialsponsoring verstehen. Toshiba stiftet eigenen Angaben zufolge Geld fuer das Rote Kreuz, den Kinderschutzbund und diverse Kindergaerten. NEC versorgt die Stiftung Pfennigparade (ein Rehabilitationszentrum fuer Behinderte) kostenlos mit Hardware und foerdert im Grenzbereich zwischen Sport- und Sozialsponsoring das Rollstuhltennis.

In dieser Disziplin engagiert sich auch Compaq. Zusaetzlich auf der Unterstuetzungsliste der Texaner: Das SOS-Kinderdorf Zwickau und eine Muenchner Kinderklinik sowie das Deutsche Jugendherbergswerk, dem Compaq PCs zum Aufbau des Informationssystems "Infomax" zur Verfuegung gestellt hat.

Sozialsponsoring ohne grosse Werbung

Besonders umfangreich sind Big Blues Aktivitaeten. IBM fuehrt zusammen mit dem Reha-Zentrum Heidelberg ein Projekt durch, das potentielle Berufsfelder fuer Behinderte erschliessen soll. In den neuen Bundeslaendern ist das Unternehmen an Umschulungsmassnahmen beteiligt; fuer Nationalparks im gesamten Bundesgebiet entwickelt IBM eine spezifische Datenbank. Neben Geldmitteln und Hardware stellt der Computerriese im Rahmen seines "Secondment"-Programms auch Personal zur Verfuegung.

Obwohl sich von allen Sponsoringformen einzig die medienattraktive Sportfoerderung dazu benutzen laesst, Umsatz zu generieren, wollen die DV-Anbieter auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten moeglichst wenig Abstriche an ihren Unterstuetzungsplaenen machen. "Das Sozialsponsoring ist fuer uns nicht weniger wichtig, auch wenn die Zielgruppen wesentlich kleiner sind", erklaert Toshiba-Sprecherin Koehler. Alle Werbe- und Marketing-Aktivitaeten wuerden jedoch auf ihre Effizienz geprueft.

IBM schlaegt in die gleiche Kerbe und unterstreicht die "wichtige Rolle von Sozial- beziehungsweise Umweltprojekten in der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung". Gleichzeitig haben die Stuttgarter aber ein Auge auf die Kosten und bezahlen auch im Sport nicht alles mit. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Stuttgart sah Big Blues deutsche Dependance zum Beispiel eine kritische Grenze ueberschritten.

NECs Marketing-Manager Gregor weist auf die verstaerkte Erfolgskontrolle hin, der Sponsoringmassnahmen bei schwieriger Wirtschaftslage unterliegen. Im heutigen Markt muessten die Projekte bestimmte Zielvorgaben erreichen, daher bekomme das medientraechtige Sportsponsoring momentan eine hoehere Prioritaet als andere Foerdermassnahmen. "Der Davis Cup laesst sich sowohl zur Imagepflege als auch fuer den Umsatz nutzen - die Muenchner Philharmoniker nicht", sagt Gregor. Nur Compaq gibt sich unbeeindruckt von der Entwicklung der Veranstaltungskosten und Spielergehaelter. Gestaerkt durch aeusserst positive Zahlen - im zweiten Quartal 1993 konnte das Unternehmen seinen Umsatz fast verdoppeln und den Gewinn mehr als verdreifachen - vertraut der ehemalige Nobel-PC-Anbieter auf das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Es gebe zur Zeit zwar eine Ueberhitzung in manchen Bereichen, raeumt Marketing-Direktor Kloos ein, aber die werde sich angesichts der Finanzlage vieler Sponsoren bald abkuehlen. An zusaetzliche Aktivitaeten denkt jedoch selbst Compaq nicht, ebensowenig wie NEC oder Toshiba. Nur IBMs Sponsoring- Verantwortlicher Werner Zorn macht in diesem Punkt eine Ausnahme. "Die Gesamtaufwendungen werden sich auf absehbare Zeit nicht erhoehen, aber wir werden die Mittel staerker konzentrieren, um mehr Wirkung zu erzielen", erklaert Zorn, "deshalb kann es sein, dass wir uns in manchen Bereichen sogar staerker engagieren."

* Ralf Gruber ist freier Journalist in Muenchen.