IFA

Mangel an HD-Bildern eröffnet Marktchance für Internet-TV

26.08.2009
Mit der Leichtathletik-WM in Berlin konnten viele der rund 13 Millionen Besitzer eines neuen Fernsehers in Deutschland erstmals live erleben, was die Aufkleber "HD ready" oder "Full HD" auf ihrem Gerät in Wirklichkeit bedeuten.

Neun Tage lang sendeten ARD und ZDF Bilder aus dem Olympiastadion, die in einer hohen Auflösung gestochen scharf auf den Flachfernsehern erschienen. Die Aufnahme eines Regelbetriebs in HDTV plant das ZDF zum Beginn der Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver. Doch auch im kommenden Jahr werden Fernsehsendungen der öffentlich-rechtlichen Sender und ihrer privaten Konkurrenten in hoher Auflösung die Ausnahme bleiben.

Vom eklatanten Mangel an HDTV-Sendungen könnten nun Anbieter profitieren, die Alternativen zu den Sendekanälen via Kabel und Satellit offerieren. "Hochauflösende Bilder werden im zunehmenden Wettbewerb der TV-Empfangstechnologien eine wichtige Rolle spielen", sagt Michael Schidlack, Bereichsleiter und TV-Experte im Branchenverband BITKOM. 58 Prozent der TV-Zuschauer in Deutschland seien bereit, für HD-Fernsehbilder ihren Empfangskanal zu wechseln. Das habe eine vom BITKOM unterstützte Umfrage der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München ergeben. Von den Wechselwilligen können sich demnach fast 30 Prozent vorstellen, statt Kabel oder Satellit das IP-TV zu nutzen, also den TV-Empfang über das Internet-Protokoll.

Problem: Hochauflösend ist dieser Tage weit häufiger das Spiegel- als das Fernsehbild.
Problem: Hochauflösend ist dieser Tage weit häufiger das Spiegel- als das Fernsehbild.
Foto: IFA

In Deutschland sind 20 Millionen Haushalte zumindest theoretisch in der Lage, HDTV-Signale über das Internet zu empfangen. Davon hat aber nur ein Bruchteil tatsächlich ein IP-TV-Abo abgeschlossen. Mit 720.000 Kunden für "T-Home Entertain" (Stand: Ende Juni 2009) führt die Deutsche Telekom den Markt klar an. Und Telekom-Sprecher Marc Sausen erwartet weitere Impulse durch die Fußball-Bundesliga, die T-Home Entertain im Wettbewerb mit dem über Kabel und Satellit sendenden Bezahlsender Sky (ehemals Premiere) live anbietet.

Im Wettbewerb um die TV-Empfangssysteme der Zukunft wollen aber auch Unternehmen wie Apple und Microsoft mitspielen. Mit der Settop-Box "Apple TV" hat der kalifornische Elektronikkonzern zwar bislang nur ein Nischenprodukt im Programm, das von Apple-Chef Steve Jobs in der Vergangenheit immer wieder als "Hobby" verniedlicht wurde.

Gene Munster, Chef-Analyst des Marktforschungsunternehmens Piper Jaffray, geht jedoch davon aus, dass Apple nach dem erfolgreichen Einstieg in den Musik- und Telekommunikationsmarkt nun fest vorhabe, eine gravierende Rolle in der Fernsehbranche zu spielen. Bis zum Jahr 2011 werde Apple ein eigenes TV-Gerät anbieten, das als echte Multimedia-Zentrale im Wohnzimmer nicht nur Fernsehsendungen und Leihvideos anzeigen könne, sondern auch als interaktive Spielekonsole und Musikanlage dienen werde. Apple könne in Zusammenarbeit mit den Filmstudios und TV-Sendern sein TV-Angebot massiv ausbauen und ein Abo über seinen Onlinedienst iTunes anbieten.

Microsoft spielt bei den Technologien für IP-TV ohnehin eine führende Rolle. So baut beispielsweise auch T-Home Entertain auf Backend-Technik des Softwareriesen auf. Sonst setzt Microsoft vor allem auf das Windows Media Center, einen für TV-Sendungen optimierten Multimedia-PC, und die Spielekonsole Xbox 360, die schon in vielen Wohnzimmern zu finden ist. Ähnlich wie Apple TV bringen das Media Center oder die Xbox Inhalte vom PC oder aus dem Internet auf den Fernseher. Für den Abruf hochaufgelöster Inhalte aus dem Netz wäre aber auch hier eine schnelle Internet-Verbindung erforderlich.

Die Steuerung durch die Wunderwelt des digitalisierten Wohnzimmers könnte künftig durch völlig neuartige Technologien wie das "Project Natal" erfolgen. Bislang wird Natal von Microsoft als berührungsloser Bewegungssensor für interaktive Konsolenspiele positioniert. In der Zukunft könnte das System über seine 3D-Kamera auch den Menschen vor dem Fernseher erkennen und ihm nach seinen Vorlieben Vorschläge für einen gemütlichen Fernsehabend machen. Und da man Natal mit Gesten bedient, wäre zum Zappen durchs TV-Programm noch nicht einmal eine Fernbedienung notwendig. (dpa/tc)