Fotos: Mac.tif oder Unix-basierendes Apple-Betriebssystem auf dem Weg zum Standard

Macworld Expo: Im Zeichen des X

18.01.2002
SAN FRANCISCO (tc) - "We have decided that it''s time", erklärteApple-Chef Steve Jobs in seiner Keynote zur Macworld Expo in San Francisco: Ab sofort bootet jeder neue Macintosh das Unix-basierende Mac OS X.

Die diesjährige Apple-Leit- und Hausmesse stand ganz im Zeichen des neuen Betriebssystems - obwohl dessen Entwicklung noch immer nicht abgeschlossen ist. Eine Vielzahl wichtiger Anwendungen haben die Softwareanbieter aber bereits auf Mac OS X portiert, und spätestens mit dem Erscheinen von Adobes "Photoshop 7" und "Xpress" von Quark können auch professionelle Anwender einen kompletten Umstieg auf die neue Plattform ins Auge fassen.

Für Aufsehen in San Francisco sorgte Apple mit seinem komplett neu gestalteten Flatpanel-Imac mit bis zu 800 Megahertz schnellem G4-Prozessor (siehe CW Nr. 1/2/02, Seite 12). Darüber hinaus präsentierte der Hersteller einen neuen Consumer-Portable mit 14,1 Zoll Bildschirmdiagonale. Bislang war das "Ibook" nur mit 12,1-Zoll-Display zu haben. Der Familienzuwachs kostet mit einem auf 600 Megahertz getakteten G3-Chip, 256 MB Hauptspeicher, einer 20-GB-Festplatte sowie einem CD-RW/DVD-ROM-Kombilaufwerk 2550,84 Euro.

Außerdem ergänzte der Hersteller aus Cupertino die hauseigenen Anwendungen für den "Digital Hub", sprich: den Apple-Rechner als Herzstück des digitalen Haushalts, um die Software "I-Photo" für Digitalfotografen. Getreu dem Motto "Save, Organize, Share" offeriert das Programm unter einer intuitiven Oberfläche zahlreiche Features, will dabei allerdings klassischen Bildbearbeitungsprogrammen keine Konkurrenz machen. Vielmehr soll I-Photo das Hantieren mit digitalen Fotos vereinfachen.

Zu den Highlights des Programms dürfte der Browser mit stufenlos regelbarer Vergrößerung gehören - so lassen sich auch große Sammlungen zügig durchforsten. Ausgewählte Bilder kann der Benutzer beispielsweise als Dia-Show mit eigener Musik oder als "I-Tools"-Web-Seite exportieren. Klassische Abzüge von Kodak sowie leinengebundene Fotoalben lassen sich direkt aus der Software per "One-Click"-Bestellung ordern. Inwieweit diese Services auch außerhalb der USA zur Verfügung stehen, ist noch nicht bekannt. Das kostenlose I-Photo steht ab sofort unter www.apple.com/iphoto zum Download zur Verfügung.

Die Produktvorstellungen von Drittanbietern drehten sich fast ausnahmslos um Apples neues Betriebssystem. Die wichtigsten Meldungen der Messe in Kurzform: Adobe kündigte zur Keynote die OS-X-Versionen von "After Effects 5.5" und "Golive 6" an. Das Layout-Programm "Indesign 2" hat Release-Candidate-Status erreicht, Photoshop 7 lässt aber wohl noch auf sich warten. Palm will in Kürze die endgültige Version seiner PDA-Desktop-Software für OS X bringen, sehnlichst erwartet nicht nur von Handheld-Besitzern, sondern auch von Softwerkern, die ihre Hotsync-Conduits anpassen wollen (etwa Microsoft mit "Entourage").

Interesse an Microsofts WindowsNoch nicht unter OS X läuft das neue Release der Digital-Asset-Management-Software "Cumulus" der Berliner Softwareschmiede Canto. Dafür kann das Programm nun die in der Foto- und Verlagswelt wichtigen IPTC-Metadaten direkt in die eigentlichen Dateien schreiben und lässt sich Platz sparend in einer Palettenansicht betreiben. Dass auch Mac-Anwender gelegentlich Microsofts Windows zu schätzen wissen, bewies der große Andrang am Stand von Connectix. Für den jüngst vorgestellten Emulator "Virtual PC 5", der auch Windows XP beherbergen kann, gab es zur Macworld ein Bugfix-Update auf Release 5.01.

Adaptecs Software-Spinoff Roxio brachte seine CD-Authoring-Software "Toast Titanium" zur Messe auf Versionsstand 5.1, mit dem das Programm nun in vollem Umfang unter OS X lauffähig ist. In Kürze wird Toast auch im Paket mit der auf Audio-Mastering spezialisierten Anwendung "Jam" angeboten. Apples Softwaretochter Filemaker präsentierte eine Vorabversion von "Filemaker Mobile 2.0", das nun auf Palm-PDAs das Editieren von Daten ermöglicht und bessere Sortiermöglichkeiten bieten soll. Microsoft hat zur Macworld die OS-X-Ausführung des "Windows Media Player" zum kostenlosen Download bereitgestellt. Bislang war die Software lediglich für Käufer von "Office:mac v. X" zugänglich.

Gleich "mehrere hundert Neuerungen" hat Real Software nach eigenen Angaben seiner visuellen Entwicklungsumgebung "Real Basic 4.0" spendiert. In Deutschland wird das Paket von Application Systems in Heidelberg vertrieben. Scansoft zeigte eine OS-X-Ausführung der OCR-Software "Omnipage Pro", die unter anderem die Formatierung eines gescannten Dokuments beibehält und direkt in PDF-, HTML- oder Office-Dateien ausgibt.

Charismac präsentierte die Version 5 seiner Brennsoftware "Discribe", die unter anderem als OEM-Produkt mit Sonys Brennern vertrieben wird. Neben Mac OS X soll diese nun auch DVD-Mastering unterstützen und besser mit Video-CDs und den Apple-eigenen CD-Authoring-Tools umgehen können. Während "Notes" von IBMs Lotus Software Division derzeit nur für das klassische Mac OS erhältlich ist, soll der kommende Client "Rnext" auch Mac OS X mit vollem Funktionsumfang der Windows-Variante unterstützen. Eine erste Betaausführung wurde für das Anfangsquartal in Aussicht gestellt. Discreet stellte die Version 5.1 der Streaming-Media-Autorenlösung "Cleaner" zur Schau, die neben OS X auch Sorenson Video 3 und die Aufbereitung von Inhalten für DVDs unterstützt.

Eine der vielversprechendsten Ankündigungen in San Francisco machte Creo mit seiner noch in der Entwicklung befindlichen Anwendung "Six Degrees", die Mitte kommenden Jahres für Mac OS X und Windows erscheinen soll. Das Programm untersucht die (E-Mail-)Kommunikation eines Arbeitsplatzes und verknüpft Dateien, Messages und Kommunikationspartner automatisch. Die daraus resultierenden kontextbasierenden Projekte stellt das Programm über ein "Legend" getauftes Interface bereit. In Europa dürften lokalisierte Versionen ab September 2002 zu haben sein. Weitere Informationen: www.creo.com/sixdegrees.

Ein anderes Messeglanzlicht war "Workstrip", eigentlich nur ein kleines Utility der gleichnamigen Londoner Softwareschmiede. Es ersetzt die Kontrollleiste des klassischen Mac OS und übernimmt zugleich die Funktion anderer Helferlein wie "Finderpop". Workstrip ermöglicht den Zugriff auf zuletzt benutzte Anwendungen und Dateien sowie den Wechsel zwischen den gerade aktiven Applikationen und kann Text-, Grafik-, Video- und Audiodateien als Vorschau anzeigen. Zudem lassen sich Dateien eines Projekts oder einer Arbeitsgruppe zu einem Workspace zusammenfassen. Auch der Export solcher "Sammelmappen" auf andere Rechner ist möglich. Die Oberfläche ist schön gestaltet und lässt sich über Skins dem persönlichen Geschmack anpassen. Workstrip kostet bei Online-Bestellung knapp 40 Dollar, eine 30 Tage lauffähige Demovariante ist verfügbar. Im kommenden März erscheint das Tool auch in einer Version für OS X, das Update erhalten registrierte Besitzer der klassischen Ausführung dann kostenlos.

Zwar fiel die Macworld Expo heuer geringfügig kleiner aus als in den vergangenen Jahren, erfreute sich aber dennoch regen Zulaufs. Auch zeigten sich die Aussteller von der Qualität der Kontakte angetan. Eine ausführliche Zusammenfassung der Keynote-Ansprache von Steve Jobs finden Sie bei Computerwoche online unter www.cowo.de/index.cfm?pageid=254&artid=31111.