Lotus: Ohne hanseatische Ingredienzen IBM empfiehlt Star Office nur zahlungsschwachen Kunden

17.11.1995

MUENCHEN (ade) - Boese Ueberraschungen fuer die Hamburger Softwareschmiede Star Division: Die frischgebackene IBM-Tochter Lotus wird den objektorientierten Weg - anders, als ihr Ex-Chef Jim Manzi zunaechst versprochen hatte - ohne Technologien der Hanseaten beschreiten. Deren Bueropaket "Star Office" soll ferner hinter dem Lotus-Produkt "Smartsuite" zuruecktreten.

Noch zur CeBIT dieses Jahres vom Giganten aus Armonk als wichtigster Applikationslieferant fuer OS/2 mit Lorbeeren ueberhaeuft, muessen die norddeutschen Software-Entwickler der Star Division wohl bald wieder kleinere Broetchen backen: Im Rahmen einer "Vertragslimitierung" soll das Buero-Anwendungspaket Star Office in Zukunft nur noch denjenigen Kunden empfohlen werden, denen das mit Lotus uebernommene Smartsuite zu teuer ist, erklaerte eine Sprecherin der deutschen IBM-Dependance.

Die Hamburger machen gute Miene zum boesen Spiel: Die Groupware Lotus Notes sei der Grund, so Unternehmenssprecher Uwe Fasterling, weshalb sich Big Blue gegen Star Office entschieden hat. Noch bestehe allerdings ein sogenannter Vendor-Logo-Vertrag, der vorsieht, dass Kunden die Star-Suite ueber die IBM beziehen koennen. Verpflichtet sind die Armonker laut Christoph von Gamm, Pressereferent der deutschen IBM-Niederlassung, dazu jedoch nicht.

Unterdessen sehen sich die Norddeutschen mit einer weiteren Hiobsbotschaft konfrontiert. Lotus will in Zukunft seine eigene objektbasierte Technologie fuer Desktop-Applikationen selbst weiterentwickeln, anstatt auf den Code "Star Objects" von Star zurueckzugreifen, erklaerte Allen Carney, Vice-President der Desktop-Marketing-Group bei Lotus. Jim Manzi, ehemaliger Lotus- Chef, hatte den Softwerkern aus Hamburg in seiner spaeteren Funktion als IBM-Vice-President noch versprochen, Lotus werde die objektorientierten Komponenten von Star Division fuer kuenftige Smartsuite-Versionen verwenden. Star ist nun schlichtweg ein Konkurrent im Geschaeft mit Buerosuites geworden, begruendet Carney, zumal das Office-Buendel im kommenden Jahr als englische Variante Einzug im US-Markt halten soll. Lotus' Rueckzieher stoesst bei Star auf Unverstaendnis: "Wenn das Rad noch einmal erfunden werden muss, soll dies geschehen", fuegt sich Fasterling dem Schicksal.