Licht und Schatten auf der Systems

01.11.2007
Die diesjährige Münchner IT-Messe verlief zwiespältig: Auf der einen Seite seien die Aussteller "hochgradig zufrieden" gewesen. Auf der anderen Seite brach die Zahl der Besucher um über 20 Prozent ein.

Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München, sagte vor der Presse, man werde in den kommenden Wochen analysieren müssen, welche Besucher man in den vier Tagen der Veranstaltung verloren habe. Endgültige Zahlen standen am Freitagmittag noch nicht fest. Dittrich sprach von über 40 000 Besuchern, die sich in den Messehallen informierten. 2006 waren es rund 53 500 Messebesucher gewesen (51 721 Besucher und 1823 Kongressteilnehmer). "Wir haben uns offensichtlich ein zu ehrgeiziges Ziel gesteckt bei weniger Messetagen die Zahl der Besucher zu steigern", so Dittrich.

Systems 2008

Die nächste Systems findet vom 21. bis 24. Oktober 2008 auf der Neuen Messe München in Riem statt.

Der Messechef führte zwei Gründe an, die den Besucherrückgang erklären könnten: Zum einen habe "der Lokomotivführerstreik die Messe viele Besucher gekostet". Zum anderen müsse man die reduzierte Besucherzahl auch auf die kürzere Messedauer zurückführen. Zum ersten Mal dauerte die Systems statt fünf nur mehr vier Tage. Allerdings wollte Dittrich insbesondere letzteres Argument nicht zu hoch bewerten. Früher sei der erste Messetag immer sehr schwach besucht gewesen.

Positionierung bleibt

Prinzipiell aber sei die Ausrichtung der Messe richtig, sagte Dittrich. Die Systems sei als Business-zu-Business-Messe richtig positioniert. Die Messeverantwortlichen seien überzeugt, dass das "neue Konzept der Hallenkomprimierung und Laufzeitverkürzung sowie das neue hochwertige Ambiente" dazu beitragen würden, die Systems "in Zukunft für ihre Besucher wieder attraktiver" zu machen.

Auch Ausstellerzahl gesunken

Allerdings verringerte sich auch die Zahl der Aussteller gegenüber 2006 spürbar. Kamen vergangenes Jahr noch 1262 Hersteller, um ihre Produkte und Angebote zur Schau zu stellen, waren es 2007 lediglich 1198 aus 28 Ländern. Allerdings, so Dittrich, hätten die Schwierigkeiten beim europäischen Satellitenprojekt Galileo dazu geführt, dass rund 70 Aussteller mit einem entsprechenden Bezug nicht mehr gekommen seien.

Die Aussteller hätten die um einen Tag verkürzte Laufzeit auf vier Tage und die Verdichtung der Ausstellung auf fünf Messehallen allerdings ausdrücklich begrüßt, sagte der Messechef weiter.

Gut angenommen: die Kongresse und Konferenzen

Zufrieden äußerten sich die Veranstalter der insgesamt neun Konferenzen und Kongresse, die im Rahmen der Systems stattfanden. Die großen Themen der diesjährigen Messe Open Source, Security und die parallel veranstaltete Communications World hätten sich erfolgreich entwickelt. "Der Open-Source-Kongress war teilweise überbucht. Da mussten wir Leute abweisen", sagte Dittrich.

Der Messe-München-Geschäftsführer erhofft sich für das kommende Jahr eine größere Beteiligung der Branchenschwergewichte wie etwa Microsoft. Wenn diese sich wieder in größerer Zahl beteiligten, würde dies der Systems helfen. Der Messe-chef weiter: "Die Systems ist richtig aufgestellt für die Informationsbedürfnisse der ITK-Entscheider und als Networking-Plattform der Branche. Um bei den Besucherzahlen in den nächsten Jahren wieder zu wachsen, benötigen wir die Unterstützung der Key-Player der Branche, von denen derzeit einige der Systems fernbleiben."

Weitere Stimmen von Herstellern

Von der computerwoche befragte Hersteller zeichneten überwiegend ein positives Bild von der Münchner IT-Messe. Ingo Wachter, Vorstand der PGP Corporation, bestätigte, dass der "Besucherandrang gut war und die Verkürzung auf vier Tage sich ausgezahlt hat". Auch sei die "Qualität der Gespräche am Stand sehr gut." Wachter fiel auf, dass "die Interessen im Security-Bereich spezialisierter werden und sich die Besucher immer gezielter informieren möchten". Seine Bilanz und Aussicht für 2008: "So wie es derzeit aussieht, kommen wir 2008 wieder." Pech für die Hannoveraner Konkurrenz: "Die CeBIT 2008 wird wahrscheinlich ohne uns stattfinden, weil wir auf der Systems besser unser Zielpublikum erreichen können", so Wachter.

Wie lange noch Systems?

Thomas Kohl, Geschäftsführer von Deny All Security Solutions, schlug in die gleiche Kerbe. "Die Verkürzung zahlt sich wirklich aus." Sein Unternehmen verzeichne "eindeutig mehr Besucher". Zudem sei "die Qualität der Leads besonders am ersten Messetag hervorragend" gewesen. Kohl attestiert, was auch Dittrich reklamiert hatte: "Die Messe München hat im Vorfeld der Systems die richtige Marketing-Kampagne gefahren." Auch Kohl wird mit seiner Firma nächstes Jahr wiederkommen. Allerdings fragt sich der Geschäftsführer angesichts der sinkenden Besucherzahlen "ob es die Systems 2008 überhaupt noch gibt."

Susanne Pawlik aus dem Marketing der Defense AG gab unumwunden zu, man habe "Angst vor dem Dienstag als erstem Tag gehabt. Das war aber unbegründet." Insbesondere der Mittwoch sei sehr gut gewesen. Aber auch Pawlik stellt die Existenzfrage: "Trotzdem entsteht bei uns der Eindruck, dass die Systems allmählich verschwindet." Ob die Defense AG 2008 wieder an der Systems teilnimmt, "wird noch diskutiert"

Julia Mees, Marketing Executive beim ERP-Anbieter QAD aus Düsseldorf, sagte, QAD sei 2007 zum vierten Mal zur Systems gefahren. "Der erste Tag war ruhig, an den folgenden Tagen wurde es etwas besser." Anders als von den Messeveranstaltern behauptet, ist nach Ansicht von Mees die Besucherqualität gegenüber den letzten Jahren schlechter geworden: "Unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt." Ob sich QAD im nächsten Jahr erneut auf den Weg Richtung Süden macht, stehe noch nicht fest.

Qualität schöngeredet

Durchaus kritisch mit sich selbst äußerte sich auch Manfred Deues, geschäftsführender Gesellschafter beim ERP-Spezialsten AMS Hinrichs+Müller aus Kaarst: "Die Qualität der Gespräche reden wir uns schön", meint er. Die Systems sei eine Kontaktmesse mit verstärkt regionalem Charakter. Allerdings führen Deues und sein Team auch schon mal längere Gespräche mit Interessenten, die meist mit sehr konkreten Vorstellungen zum Stand kommen. "Die Leute sind durch das Internet gut über die Produkte am Markt gut informiert."

Claudia Bretschneider, zuständig für Vertrieb und Marketing bei der Linux Information Systems AG, kann wiederum die positiven Meinungen zur Qualität der Besucher teilen: "Das sind gut qualifizierte Besucher, die nach speziellen Lösungen suchen." Während der erste Messetag "schwach war", seien am zweiten Tag deutlich mehr Interessierte auf den Linux-Stand gekommen. Viele Besucher hätten auf direkte Mailings, die im Vorfeld der Messe verschickt wurden, reagiert. Zur Teilnahme der LIS AG an der Systems 2008 wollte sich die Managerin noch nicht äußern: "Das entscheiden wir kurzfristig."

Hohes Niveau des Publikums

Ralf Gärtner, Marketing-Chef bei SoftM, das gleich mit zwei Ständen auf der Messe vertreten war, sieht das Plus der Systems ebenfalls bei den Besuchern, die seinen Stand frequentierten: "Da kamen sehr konkrete Fragen von Seiten der Besucher." Allerdings hat SoftM weniger mit Laufkundschaft und Zufallskunden zu tun. Die meisten Besucher seien nach Terminvereinbarungen zum Stand des Münchner Softwarehauses gekommen. Als Einheimischen ist es für Gärtner auch klar, dass die Systems für SoftM "eine Hausmesse ist und deshalb gesetzt".

Deutlich positiv bewertet Hans-Heinrich Schmidt, Direktor Marketing Events & Business Shows bei der IBM Deutschland, die Münchner IT-Messe. Offensichtlich hatte Big Blue auch nicht unter dem Besucherschwund der Systems zu leiden: "Es kamen mehr Besucher als im vergangenen Jahr auf unseren Stand und die Qualität des Fachpublikums bewegte sich auf gewohnt hohem Niveau." Überwiegend hätten Entscheider aus mittelständischen Unternehmen diese Messe besucht. Dies spiegele sich auch in dem hohen Interesse an einzelnen Themenschwerpunkten wie Server- oder Softwarelösungen am Stand wider. "Das neue Messekonzept und die kurzen Wege machen die Systems attraktiv, da sich der Besucher schnell einen Über- und Einblick in Geschäftslösungen verschaffen kann", fährt Schmidt fort. Aus heutiger Sicht wird sich die IBM Deutschland auch im nächsten Jahr an der Systems beteiligen.