Weiterbildung in der IT

Learning by doing

14.12.2011
Von Hadi Stiel
Die IT-Branche muss kräftig in die Weiterbildung der Mitarbeiter investieren, um den Fachkräftemangel abzufedern - davon ist Materna-Geschäftsführer Ralph Hartwig überzeugt.

Mehr Eigeninitiative der IT-Unternehmen wird künftig notwendig sein, weil Hochschulen und Fachhochschulen es aufgrund der demografischen Entwicklung nicht mehr schaffen, den IT-Markt hinreichend mit angehenden Spezialisten zu beliefern. So werden in den kommenden zehn Jahren bis zu 450.000 Hightech-Spezialisten den Arbeitsmarkt verlassen, aber, selbst wenn es besser als erwartet laufen sollte, jährlich nur 40.000 Absolventen nachrücken.

CW: Was können IT-Unternehmen tun, damit sie das demografische Problem umgehen?

Ralph Hartwig, Materna: "Richtig lernen, fachlich sowie in puncto Softskills, kann man nur in realen Kundenprojekten."
Ralph Hartwig, Materna: "Richtig lernen, fachlich sowie in puncto Softskills, kann man nur in realen Kundenprojekten."
Foto: Materna

HARTWIG: Zunächst: Zur negativen demografischen Entwicklung kommt hinzu, dass das Interesse an Berufen innerhalb der IT abnimmt. Fehlende Fachlehrer, der Ruf der Informatik, besonders schwierig zu sein, und eine nicht immer angemessene Bezahlung sind einige Gründe dafür. Umso mehr sind IT-Unternehmen gefordert, im hart umkämpften Arbeitsmarkt frühzeitig auf potenzielle Mitarbeiter zuzugehen, in ihre Aus- und Weiterbildung zu investieren und für sie genügend Anreize zu schaffen.

CW: Sie meinen die technischen Anforderungen?

HARTWIG: Auch die, aber nicht nur die. Materna beispielsweise baut auf kombinierte Spezialisten und Generalisten, die sich schnell auf neue Bedingungen vor Ort beim Kunden einstellen können. Das setzt neben einer hohen fachlichen Kompetenz Softskills wie Kundenorientierung, Sozialkompetenz und Teamfähigkeit voraus. Hinzu muss ein hohes Engagement kommen, sich im Unternehmen in all diesen Punkten permanent weiterentwickeln zu wollen. Das heißt umgekehrt aber auch, dass sich das IT-Unternehmen finanziell wie personell hinreichend für die Weiterbildung seiner entwicklungsfähigen Mitarbeiter engagieren muss. Voraussetzung dafür sind intern ein breites Weiterbildungsangebot und eine hohe Lernbereitschaft der Mitarbeiter.

CW: Wie sollte dieses Engagement gegenüber Hochschulabsolventen aussehen?

Der Kampf um Talente geht immer früher los.
Der Kampf um Talente geht immer früher los.
Foto: Lucky Dragon - Fotolia.com

HARTWIG: Notwendig sind verschiedene Programme, um Hochschulabsolventen an die potenziellen Einsatzgebiete heranzuführen. Parallel dazu sollten IT-Arbeitgeber einen engen Kontakt mit für sie wichtigen Hochschulen und Fachhochschulen pflegen, um Talente frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Materna unterhält darüber hinaus eine eigenständige Abteilung, Academic Cooperations, in der wir dauerhaft rund 50 studentische Mitarbeiter beschäftigen. Sie arbeiten entweder in Kunden- oder Forschungsprojekten mit oder erstellen Bachelor-, Master- oder Doktorarbeiten.

CW: Es geht also darum, Hochschulabsolventen schnellstmöglich an Projekte heranzuführen.

HARTWIG: Unbedingt. Denn richtig lernen, fachlich sowie in puncto Softskills, kann man nur in realen Kundenprojekten. Dafür müssen wir solche Projekte so auswählen, dass Einsteiger, ohne überfordert zu werden, einen Beitrag leisten können. So bestätigt und motiviert, lassen sich die künftigen Mitarbeiter allmählich aufbauen, um Zug um Zug mehr Verantwortung zu übernehmen.

CW: Wie halten Sie Mitarbeiter?

HARTWIG: Eine angemessene Personal- und Weiterbildungspolitik ist das beste Rezept, das Know-how im Unternehmen zu halten. Außerdem ist eine niedrige Fluktuationsrate die beste Prophylaxe gegen den Spezialistenmangel. Es muss nur bei Geschäftserweiterungen und für zusätzliche Aufgabengebiete neues Personal akquiriert, aufgebaut und weiterqualifiziert werden. Bei Materna liegt die jährliche Fluktuationsrate im niedrigen einstelligen Bereich. Einige Mitarbeiter, die in der Vergangenheit das Unternehmen verlassen haben, sind zudem wieder zurückgekehrt. Auch das ist ein Indiz dafür, dass unsere Personal- und Weiterbildungsstrategie stimmen. (hk)