Pharmahersteller verschlankt Organisation

Kneipp-Kur für die Prozesse

02.12.2004
Von Detlev Karg
Die Würzburger Kneipp-Gruppe hat sich ein systematisches Prozess-Management verordnet. Der weltweit tätige Hersteller von Gesundheits- und Pflegeprodukten hat seine Unternehmensorganisation verschlankt.

SCHRIFTLICHE Arbeitsanweisungen und Beschreibungen dokumentierten einst die Arbeitsabläufe und Prozesse bei dem Hersteller von Pharma-, Kosmetik- und Pflegeprodukten Kneipp, der mit weltweit 350 Mitarbeitern 70 Millionen Euro umsetzt. Abteilungsbezogene und nicht unternehmensweite Prozesse standen im Vordergrund. Die Dokumentation von Vorgehensweisen und Best Practices war im Wesentlichen nur in den Köpfen der Mitarbeiter vorhanden. „Die Abläufe wurden praktisch immer wieder neu erfunden“, schildert Christian Schulze, IT-Verantwortlicher bei Kneipp, die Ausgangslage. Auch das Prozesswissen des Managements war nicht ausreichend. Dabei stellt die komplexe Produktpalette von Kneipp laut Holger Wolf, Geschäftsführer der Kneipp-Gruppe, hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Geschäftsprozesse: „Arzneimittel bedingen von der Beschaffung der Rohstoffe bis zum Verkauf völlig andere Abläufe als Produkte der Körperpflege und Kosmetik.“

Vorrangiges Ziel in dem Projekt, das im Jahr 2003 mit der IDS Scheer AG begonnen wurde, war die Erhöhung der Lieferfähigkeit. Dazu mussten die Prozesszeiten verkürzt werden. Im Vordergrund, so Geschäftsführer Wolf, stand immer die Kernfrage: „Was erwartet der Kunde von uns?“ Aufgrund mitgebrachter Erfahrungen aus anderen Unternehmen sowie einer Auswertung von Marktanalysen erschienen der Kneipp-Führung das Beratungsmodell und das Modellierungs-Tool Aris von IDS Scheer am besten geeignet für die Reorganisation. „Unser zentrales Kriterium war, dass sich die Software nicht auf die grafische Darstellung der Prozesse beschränkt, sondern diese auch bewertet“, erklärt IT-Chef Schulze. 

Das Projekt begann mit dem Aufbau des Unternehmensmodells. In einer Prozesslandkarte wurden die Vorgänge bei Kneipp erfasst und Erfolgsfaktoren sowie Ziele definiert, bevor einzelne Teilprozesse analysiert wurden. „Störfaktoren, die das Erreichen der Ziele im täglichen Ablauf verhindern, konnten wir so sichtbar machen“, sagt Schulze. Dabei halfen zahlreiche Interviews in Workshops - eine ressourcenintensive Maßnahme, die sich jedoch auszahlte: „Unsere Mitarbeiter denken heute prozessorientiert, und die Abläufe sind transparent. Das bringt uns eine wesentlich schnellere Markteinführung von Produkten, weil weniger Abteilungen daran beteiligt sind“, so Wolf.

Nur noch drei Prozesse