Software-Portabilität war mit SAA nicht sicherzustellen

Klöckner: Auf Filialebene Unix statt Big Blues Midrange-Verhau

31.05.1991

MÜNCHEN (gfh) - Triftige Gründe hat die Klöckner & Co AG, Duisburg, sich von ihren IBM-Abteilungsrechnern zu trennen.

Nach leidvollen Erfahrungen beim Umstieg von 8100-Maschinen auf /36-Systeme und von dort auf die AS/400 werden nun die proprietären Midrange-Rechner durch Unix-Mehrplatzsysteme mit rund 1700 Arbeitsstationen ersetzt.

Bis vor etwa zwei Jahren war Klöckner ein klassischer "True-Blue-Shop". Damals, so beschreibt Georg Thaler, Leiter Zentralbereich Rechnungswesen, Datenverarbeitung und Verwaltung, die Situation, habe ausschließlich die Devise gegolten: "Mit einem Hersteller durch dick und dünn." Doch dieses Konzept sei an der Schaukelpolitik der IBM im Bereich der Mittleren Datentechnik gescheitert.

Die Duisburger mußten in den vergangenen zehn Jahren die Erfahrung machen, daß es Big Blue seinen Kunden mehr oder weniger selbst überließ, auf die jeweils neuen Rechnermodelle umzustellen. Dabei erwies sich die Portierung der Applikationen von den 8100-Rechnern auf die /36-Systeme und dann auf die AS/400 - sofern überhaupt möglich - als ausgesprochen aufwendig.

Trotzdem fiel die endgültige Entscheidung gegen IBM erst, als von dort keine feste Zusage zu bekommen war, daß AS/400. Software auch auf einer möglichen Nachfolge-Maschine lauffähig sein würde. Kommentiert Thaler: "Die Werbeaussagen zu SAA kenne ich wohl, von einer einklagbaren Verpflichtung der IBM dazu kann jedoch nicht die

Rede sein."

In der Folge beschloß das Management Ende 1989, sich konzernweit von Hardwarelieferanten unabhängig zu machen. Künftig soll nur noch Software eingesetzt werden, die vom PC bis zum Mainframe - auf Rechnern verschiedener Hersteller laufen kann.

Dafür hat das Handelshaus einen Partner in der Software AG gefunden, die ein entsprechend Umfassendes Softwarekonzept anbieten konnte. Voraussetzung für die Realisierung dieses Projekts war jedoch der Austausch der proprietären Midrange-Systeme gegen Unix-Rechner.

Im nächsten Jahr will Klöckner 30 Filialen in Deutschland, Österreich und den Niederlanden mit ebenso vielen Unix-Servern und insgesamt 1700 Arbeitsplatz-Rechnern ausstatten. Neben den Hardwarekosten kommt dadurch ein Entwicklungsaufwand von der Konzeption bis zur Implementierung auf das Unternehmen zu, den Thaler mit 30 bis 40 Mannjahren veranschlagt.

Erleichtert wurde dem Unternehmen die Unix-Entscheidung durch die Ergebnisse einer Testinstallation mit dem Hewlett-Packard-System HP9000/Serie 870 unter dem Unix-Derivat HP/UX und der Simulation von 140 angeschlossenen Terminals. Obwohl alle 140 Arbeitsplätze parallel mit Klöckner-spezifischen Anwendungen versorgt wurden, lagen die Antwortzeiten bei 1,2 Sekunden. Außerdem machen sich bereits die ersten positiven Auswirkungen der Grundsatzentscheidung für portable Software bemerkbar. "Wir können für den jetzt anstehenden Rechnerkauf unter mehreren Anbietern von Unix-Systemen auswählen und so ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis herausholen", freut sich Thaler über die neue Herstellerunabhängigkeit.

Aber der DV-Verantwortliche sieht auch die weniger positiven Folgen: "Uns ist natürlich klar, daß wir die Abhängigkeit von einem Hardwarehersteller durch die von einem Software-Anbieter tauschen." Doch aus seiner Sicht ist das durchaus eine Verbesserung, da die Hardware alle drei bis fünf Jahre ausgetauscht werden muß, die Applikationen jedoch nur alle 15 Jahre.

Konkret hat sich Klöckner auf die SAG-Produkte Natural, Predict-CASE, Adabas und Predict festgelegt. Die Software AG übernimmt die Portierung jeder damit erstellten Anwendung auf die im Vertrag festgelegten Hardware- und Betriebssystem-Plattformen vom PC bis zum Mainframe. Außerdem hat sich das Softwarehaus verpflichtet, die Applikationen bei Release-Wechseln nach Möglichkeit innerhalb eines Jahres anzupassen. Ein ähnlicher Vertrag wäre nach Auskunft von Thaler durchaus auch Mit anderen Unternehmen möglich. Allerdings verbindet Klöckner im Mainframe-Bereich bereits eine sechsjährige Zusammenarbeit mit der SAG, so daß der jetzige Vertrag dort kaum Veränderungen zur Folge hat. +