Klassenziel nicht erreicht?

08.09.1978

Die deutsche Computer-lndustrie hält er mittlerweile für stark genug, der ausländischen Konkurrenz Paroli bieten zu können - die Ausweitung ihres Marktanteils von vier auf 20 Prozent stützt die Beweisführung: Bundesforschungsminister Dr. Volker Hauff will, er hat's oft genug gesagt, die EDV-Förderung langsam auslaufen lassen (siehe CW-Nr. 36 vom 1. September 1978, Seite 1) .

Nun bestünde kein Anlaß, diese Hauff-Vorstellung zu kolportieren, wenn Mißdeutungen ausgeschlossen werden könnten.

Dies vorweg: Daß es kein Nachfolgeprogramm zur laufenden DV-Förderung geben werde, darauf hat bereits Hauff-Vorgänger Hans Matthöfer hingewiesen.

Wurden beide nicht ernstgenommen? Nun rührt sich auf die neuerliche Ankündigung des BMFT-Chefs prompt Protest. Ist daraus zu folgern, daß die Ziele des "Dritten DV-Förderprogramms" der Bundesregierung die deutschen Rechner-Hersteller der Ammenbrust zu entwöhnen - nicht erreicht wurden, weil ja sonst Protest unterblieben wäre? Und ob das Ziel erreicht worden ist, das können ja nur die "Betroffenen" bestätigen.

Bliebe noch die Version: Alle dachten, im letzten Augenblick gäbe es doch noch ein 4.Programm. Jetzt malt Triumph-Adler die drohenden Schatten der US-Giganten an die Wand. Ohne Doping-Mittel - sprich Fördergelder - sei Chancengleichheit auf dem MDT-Markt nicht gewährleistet, stöhnen die Nürnberger in Richtung BMFT. Tenor: Man kann uns doch nicht hängen lassen.

Sollte es die TA-Verantwortlichen wirklich wundern, wenn Beileidsadressen ausbleiben?.

Die Subventionierung der bundesrepublikanischen Computerbauer aus Steuergeldern, ohne Auflagen zumal, steht (ob nun berechtigt oder nicht) seit Jahren im Kreuzfeuer der Kritik - zu lange jedenfalls, als daß die Öffentlichkeit dafür noch empfänglich wäre.

Zugegeben: Das Scheitern der Unidata wird bei jeder passenden Gelegenheit - wie lange eigentlich noch? - förderungspolitisch ausgeschlachtet.

Doch wer mit dem Argument der Zweckgebundenheit hantiert, der sollte auch bereit sein, zuzugeben, daß die Politiker sehr schnell, schneller als manche Lobby es wahrhaben will, aus Fehlern gelernt haben. Und so macht Bonn für die Förderung einer nationalen Großrechner-Entwicklung (Siemens!) bekanntlich längst keine Mark mehr locker. Im Gegenteil: Der Schwerpunkt der Zuschuß-Aktivitäten wurde von der Groß-Technologie eindeutig zu kleinen Systemen und zu Anwendungsprojekten verlagert.

Nein, die TA-Kritik hakt nicht an diesem Punkt ein. Vielmehr klingt an, daß die Hauff-Prämisse, Siemens und die deutschen MDT-Firmen könnten jetzt ohne Krücken laufen, falsch sei - zumindest was Nixdorf, Kienzle, Philips, Triumph etc. anlangt. Begründung: Der Wettbewerb im Erstanwender-Markt (IBM mit den Systemen /32 und /34) ist härter geworden; unter anhaltendem Preisdruck gelingt es oftmals nicht mehr, die Software-Gestehungskosten voll auf die Benutzer abzuwälzen. Folge: Die Erträge sinken. Deshalb werde es immer schwieriger, die erforderlichen Mittel für Forschung und Entwicklung aufzubringen, um das von IBM diktierte Innovationstempo mithalten zu können.

Diese Argumentation ist gewiß schlüssig. Indes: Hauff weiß natürlich, daß es eine Wettbewerbsfähigkeit der deutschen EDV-lndustrie nur auf Teilmärkten gibt etwa bei Bankenterminals und Datenkassen. Nach Ansicht des Bundesministers für Forschung und Technologie war damit freilich die bisherige DV-Förderung erfolgreich. Deshalb sollte ein Schlußstrich unter die leidige Industrieförderung nach dem Gießkannenprinzip gezogen werden - Geld allein kann cleveres Marketing Ó la IBM nicht ersetzen.

Auf einem anderen Blatt steht, daß der Förderungsstopp für die Betroffenen schmerzlich sein wird. Insofern wäre es ihrer Glaubwürdigkeit abträglich, jetzt nicht zu lamentieren.