Server und Internet-fähige Handhelds sollen Geld in die Kasse bringen

Intel sucht neue Geschäftsfelder

25.05.2001
MÜNCHEN (CW) - Intel hat auf dem Entwicklerforum in Amsterdam eine Reihe von Entwicklungen präsentiert, die langfristig die Umsätze des Unternehmens sichern sollen. Da aufgrund des harten Wettbewerbs im Geschäft mit PC-Prozessoren immer weniger Gewinne zu erwirtschaften sind, sollen nun Halbleiterprodukte für Server und Handheld-Rechner die Kassen klingeln lassen.

Intel plant nach eigenen Angaben, Server für Telekommunikationsunternehmen zu bauen. Die Hochleistungsrechner, die Ende des Jahres auf den Markt kommen werden, sollen sich in erster Linie für Dienste wie Unified Messaging, Web- und Application Hosting sowie Virtual Private Networking eignen. Auch für Anbieter von mobilen Dienstleistungen will Intel speziell konfigurierte Rechner anbieten. Ferner könnten die Maschinen als Software-Switches eingesetzt werden, um kostspielige Hardware zu ersetzen.

Flache Server für TelcosDie Rack-fähigen Server werden als Zwei-Wege-Maschinen mit Pentium-III-Prozessoren arbeiten. Es soll zwei Versionen geben mit einer Höhe von 1U (1,75 Zoll = 4,45 Zentimeter) und 2U (3,5 Zoll = 8,9 Zentimeter). Was Betriebssysteme angeht, plant Intel mit Windows 2000 und Linux. Welche Distribution zum Einsatz gelangen wird, wollten die Verantwortlichen nicht verraten. Die nächste Generation der Telco-Server, die Ende 2002 kommen soll, wird mit Xeon-Prozessoren beziehungsweise der 64-Bit-CPU "Itanium" arbeiten.

"Wir gehen damit in einen neuen Markt", erklärt Shantanu Gupta, Manager für das Geschäft mit Telekommunikationsfirmen. Die Carrier benötigten immer leistungsfähigere Server, da sie mehr und mehr Services anbieten wollten. Bislang gebe es in diesem Segment keine Anbieter mit Intel-basierten Rechnern. Vor allem Sun dominiere den Markt, räumt Gupta ein. Auch wenn das Geld bei den großen Telcos nicht mehr so locker sitze wie noch vor wenigen Monaten, würden die verantwortlichen Manager den Preis-Leistungs-Vorteil der Intel-Plattform erkennen, gibt sich der Intel-Mann überzeugt.

Nach Ansicht von Analysten könnte die Intel-Taktik aufgehen. Der Hersteller sei in der Lage, die Server in großen Stückzahlen und damit günstig zu produzieren, erläutert Ian Brown, Analyst der Gartner Group. Martin Hingley von International Data Corp. (IDC) geht davon aus, dass Sun seine Preise senken muss, um seine Marktanteile gegen den neuen Wettbewerber zu behaupten.

Andere Analysten beurteilen die neue Intel-Taktik skeptischer. Der Hersteller müsse noch viel über den Markt lernen. So reiche es nicht aus, allein günstige Rechner anzubieten. Die Kunden aus dem Telekommunikationssektor achteten auch auf andere Eigenschaften wie Verfügbarkeit und die Möglichkeiten für Upgrades.

Intel wird die Maschinen nicht selbst verkaufen. Die neuen Server sollen über OEM-Partner und Telecommunications Equipment Manufacturers (TEMs) angeboten werden. Diese sollen nach den Plänen der Kalifornier auch den Service übernehmen.

Um seinen Verkaufspartnern unter die Arme zu greifen, hat Intel neben der Server-Ankündigung den Aufbau seines Server Design Centers bekannt gegeben. Über diese Online-Service-Center sollen Wiederverkäufer Informationen darüber erhalten, wie ein Rechner für die Anforderungen des Kunden dimensioniert werden sollte und welche Komponenten dafür erforderlich sind. Ferner erfahren die Kunden, welche Produkte von Drittanbietern wie zum Beispiel Netzkarten oder Raid-Controller für die Verwendung in Intel-basierten Rechnern getestet wurden.

Der Service steht vorerst nur den etwa 10 000 Wiederverkäufern in Nordamerika zur Verfügung. Im dritten Quartal sollen aufstrebende Märkte wie Indien, Brasilien und Osteuropa dazukommen. Ob und wann auch deutsche Intel-Partner an der Serviceplattform teilnehmen können, steht bislang noch nicht fest.

All-in-one-Chip für HandheldsAls zweiten großen Wachstumsmarkt haben die Intel-Strategen mobile Geräte für den Zugriff auf das Internet ausgemacht. Für dieses Segment arbeitet der Halbleiterhersteller an einer neuen Chiptechnik, die verschiedene Kernfunktionen eines mobilen Internet-Geräts kombiniert. Dazu zählen Prozessorlogik, Flash-Speicher und analoge Kommunikationsfunktionen. Bislang benötigte jede dieser Komponenten eigene Chipstrukturen im Gerät. Basis der neuen Entwicklung ist Intels "X-Scale"-Architektur. Nach den Plänen des Prozessorherstellers sollen mit der neuen Technik Taktraten von bis zu einem Gigahertz möglich sein. Außerdem seien aufgrund der geringen Stromaufnahme Laufzeitenvon etwa einem Monat denkbar. Momentan steckt die neue Intel-Technik noch im Experimentierstadium. Erste Testchips erwarten die Manager Anfang nächsten Jahres. Bis dann die ersten Geräte mit der neuen Technologie auf den Markt kommen, werden vermutlich weitere zwei bis drei Jahre verstreichen. Die Hersteller von mobilen Endgeräten sollen mit der Internet-on-a-Chip-Technologie von Intel ihre Produkte günstiger produzieren können, verspricht Ron Smith, Leiter von Intels Wireless Communications and Computing Group. Außerdem seien mit dem Kombi-Chip kleinere Geräte möglich.

Bislang scheiterten Pläne, hochintegrierte Chips für mobile Endgeräte zu produzieren, an den Kosten. Einzelchips für jede Funktion waren für die Hersteller günstiger. Mit der Umstellung auf das 0,13-Mikrometer-Verfahren soll sich dies ändern, verspricht Benny Ginman, Direktor für die Intel-Bereiche Behörden, Erziehung und Telekommunikation in Europa. So sollen hochintegrierte Chips auch für die unter hohem Kostendruck stehenden Gerätehersteller interessant werden.

Mit dem Telekommunikationsriesen British Telecom hat Intel bereits einen Partner für seinen jüngsten Vorstoß in Sachen mobiles Internet gefunden. Die Briten wollen zusammen mit Intel drahtlose Dienste entwickeln. So soll es beispielsweise möglich werden, geografisch verteilte Arbeitsgruppen mit Hilfe von mobilen Internet-Zugangsgeräten kommunizieren zu lassen.