Die Vergangenheit und Zukunft des einzigen britischen Computerbauers:

ICL blickt nicht im Zorn zurück

22.01.1982

Über ICLs derzeitige Probleme wurde auch hierzulande mehr als genug berichtet. Pressesprecher Dietger Kruschel, Nürnberg, versucht, das Image des britischen Computerbauers etwas aufzupolieren.

Die Geburtsstunde der britischen Computerindustrie schlug endgültig im Jahre 1968. Nach einer Reihe von Fusionen, Kooperationen und Trennungen sowohl im Lager der britischen Elektroindustrie als auch auf der Seite der Datenverarbeitung entstand auf Druck der damaligen Labour-Regierung das Computerunternehmen ICL - International Computers Ltd. Die beiden Unternehmen ICT (International Computers and Tabulators) und English Electric wurden zum größten rein europäischen Computerkonzern vereint.

Bis Mitte der 70er Jahre war das Unternehmen besonders stark im Großrechnersektor. Alle Anstrengungen, Investitionen und Innovationen galten in dieser Zeit der Computerserie 2900. Der Minimarkt, das Geschäft mit dem Distributed Processing, entdeckte ICL erst mit der Übernahme der Singer "Small Systems" und baute es bisher nur zögernd aus. Das eröffnete kleineren Bürocomputer-Herstellern und Softwarespezialisten Möglichkeiten zur Entfaltung. Heute ist ICL Englands größter Computer-Arbeitgeber (rund 16 000 Beschäftigte) und daher besonders dem Interesse der Öffentlichkeit ausgesetzt.

Die Rezession, die in England besonders früh und intensiv einsetzte begann den Umsatzzuwachs zu beschränken. Die für ein weltweit operierendes Unternehmen ungünstigen Wechselkurse und eine auf Expansion eingestellte Unternehmensorganisation schmälerten den Gewinn.

Robb Wilmot (36), vormals Chef bei Texas Instruments, übernahm Anfang '81 die Rolle des Managing Director bei ICL. Er machte vom ersten Tage an klar, wohin das Unternehmen sich entwickeln müsse: "Weg von der einseitigen Ausrichtung in Entwicklung und Produktion von Großanlagen, hin zu einer breiteren Produktpalette, die das ganze Büro der Zukunft umfaßt, mit Verbundmöglichkeit aller Geräte und Systeme untereinander. Das Schlagwort "Netzwerkorientierung" sollte mit Leben erfüllt werden.

Dem System-25-Computer im Juni 1981 folgte das DRS 20 Distributed Resource System im Oktober 1981. Der kleine bis mittelgroße Erstbenutzer erhält damit eine moderne Alternative zu den Ex-Singer-Produkten System Ten und System 1500. Die neuen Produkte lassen sich mit Anlagen vom Hauptwettbewerber IBM koppeln, was früher nach ICL-Philosophie aus Prinzip nicht möglich war.

Über Kooperationen mit Fujitsu, Mitel/Kanada, den britischen Unternehmen Sinclair und Rair sowie der amerikanischen Three Rivers Computer Corp. verschaffte sich ICL fehlendes Know-how. Weitere Abkommen über die Herstellung und den Vertrieb von modernen Textverarbeitungsanlagen sind in Vorbereitung. Dazu Wilmot: "Alles, was bis Ende 1981 nicht begonnen wurde hat keine Chance, innerhalb der selbstgesetzten Frist (Frühjahr 1983) realisiert zu werden."