„Ich bin nicht der Chefverkäufer von G&D“

12.11.2002

BERCHTOLD: Das sehen Sie richtig. Wir haben natürlich auch als Kartenhersteller viel in UMTS-Technologie investiert und nicht vor, diese Gelder abzuschreiben. Ich bin da im Übrigen auch nicht so pessimistisch wie viele andere Zeitgenossen. Spätestens 2004 rechne ich damit, dass sich der UMTS-Zug in Bewegung setzt. Wir werden dann zwar immer noch nicht über die viel zitierte Killerapplikation reden, aber über viele Anwendungen im Consumer-Sektor, die dann vielleicht dem Zeitgeist eines neuen Aufschwungs entsprechen. Denken Sie nur an den Versand von Bildern via Handy. Insofern werden wir dann einen ganz normalen Technologiezyklus erleben.

CW: Der Zug soll sich Ihrer Auffassung nach auch noch in einem ganz anderen Bereich in Bewegung setzen, nämlich bei den Themen E-Government und E-Health. Vor allem in Ihrer Funktion als Vizepräsident des Bitkom rühren Sie hier seit geraumer Zeit die Werbetrommel, was Ihnen der eine oder andere Branchenbeobachter als puren Lobbyismus auslegt.

BERCHTOLD: Es ist die originäre Aufgabe einer Interessenvereinigung, Lobbyarbeit für die von ihr vertretenen Unternehmen zu machen. Ich bin hier aber nicht der Chefverkäufer von G&D - noch dazu, wo ich deutlich gemacht habe, dass es um weitaus mehr als nur eine Chipkarte geht. Es geht um die Belange der gesamten deutschen IuK-Industrie.

CW: Dann müssen Sie sich aber zumindest den Vorwurf gefallen lassen, dass die deutsche IuK-Branche derzeit den Eindruck erweckt, sie würde geradezu verzweifelt nach neuen Absatzmärkten suchen und dabei vor allem den Mittelstand und die öffentliche Verwaltung sowie das Gesundheitswesen entdecken.

BERCHTOLD: Auch dieser Theorie kann ich nichts abgewinnen. Die klassischen Märkte der IuK-Industrie haben noch genügend Potenzial - trotz der momentanen Krise.

CW: Warum wirbt der Bitkom dann mit einer solchen Vehemenz für einen "Masterplan E-Government", wo doch jedermann um die leeren Kassen von Bund und Ländern weiß?