Benutzerfreundlichkeit umgekehrt proportional zur Performance:

IBM packt Software in den Streß-Test

16.03.1984

ATLANTA (hh) - Von den Erfahrungen, die die IBM-lngenieure bei ihren Hardwaretests gesammelt haben, profitieren auch die Softwerker. Sowohl Anwendungspakete als auch systemnahe Software werden in verschiedenen IBM-Laboratorien auf ihre Tauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit durchgecheckt.

Die Programme durchlaufen in den verschiedenen Labors mehrere Stufen. In einer ersten Phase ist eine Prüfperson dazu angehalten, spontan ihre Empfindungen und Eindrücke beim Umgang mit dem Programm in ein Mikrofon zu sprechen. Parallel dazu wird dieser Prüfer, der sich allein im Raum befindet, von einer Videokamera aufgezeichnet. Die Testingenieure analysieren dann anhand des DV-Protokolls, der verbalen und optischen Aufzeichnungen die Reaktionen verschiedener Testpersonen. In der zweiten Phase fungieren die Testingenieure als E>perten, mit denen telefonisch Kontakt aufgenommen werden kann, wenn Probleme auftreten, die vom Prüfer vor dem Gerät nicht mehr selbst gelöst werden können. Auch hier sind in dem Testraum, der als normales Büro eingerichtet ist, wieder Videokameras installiert, die sowohl auf das Terminal, die Tastatur als auch die Testperson gerichtet werden. Mehrere solcher Räume sind im Rund um ein Kontrollzentrum angeordnet, in dem die Videobilder empfangen werden und sich die technische Einrichtung befindet.

Die Ergebnisse, die bei solchen Untersuchungsreihen gewonnen werden, kommen nach Aussagen des IBM-Managers Mike Mehal vom Atlanta Usability Lab anderen Entwicklungen zugute. Zwar werden nicht alle Produkte dieser Vorgehensweise unterzogen, aber das Ziel, daß mit der Einrichtung solcher Laboratorien verfolgt wurde, ist, Probleme möglichst frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Dabei kommt es auch vor, daß Kurztests beispielsweise über die Gestaltung einer Maske in einem speziellen Programmpart gefahren werden.

Die Dauer dieser Überprüfungen variiert je nach Software und Aufgabenstellung zwischen ein bis zwei Stunden und bis zu zwei Wochen. Um ein möglichst objektives Bild zu bekommen, durchlaufen bis zu 15 Prüfer die Tests für ein einzelnes Programm.

Die Testpersonen stammen nach Angaben der IBM aus allen Altersgruppen und besitzen unterschiedliche Fachkenntnisse und DV-Erfahrungen. Zu Beginn der Sitzung erhalten sie ein Manual und einige Testdaten, mit denen dann der Ablauf simuliert wird. Um ein möglichst naturgetreues Abbild der Bedingungen in einem Büro zu erhalten, werden die Testpersonen häufig durch Telefonanrufe gestört Damit wollen die IBM-Ingenieure Aufschluß über die Frage gewinnen, wie schnell ein Anwender nach einer Störung wieder in das Programm zurückfindet. Dennoch, auch die Mitarbeiter dieser Laboratorien sind sich darüber im klaren, daß sie kein hundertprozentiges Paket schaffen können. Es komme der Zeitpunkt, so Mehal, zu dem die Steigerung der Benutzerfreundlichkeit in ein umgekehrtes Verhältnis zur Performance gerate.