Gerd Bindels übernimmt in Villingen neues Ressort "Unternehmensstrategie":

IBM-Manager Jägers Kienzle-Vertriebsboß

26.11.1982

VILLINGEN - Die Kienzle Apparate GmbH, Villingen, möchte ihren Computervertrieb, der sich jahrelang im Kleingeschäft mit MDT-Anlagen abmühte, professioneller machen. Als Nachfolger von Vertriebschef Dr. Gerd Bindels, der ab 1. Januar das neugeschaffene Ressort "Unternehmensstrategie" übernimmt, wurde mit Wilhelm Jägers ein IBM-Topmanager verpflichtet. Jägers ist Leiter des IBM-Vertriebs Informationssysteme im Bereich Anwendungen.

Ein Wechsel an der Spitze des Villinger Computervertriebs war in Kienzle-Kreisen erwartet worden. Über kurz oder lang, mutmaßten Bindels-Kenner, mußte es zu Reibereien zwischen dem ehrgeizigen Vollblutverkäufer und dem seit einem halben Jahr als Vorsitzender der Geschäftsführung amtierenden Ex-Olivetti-Boß Dr. Fancesco Tatò kommen, der als harter Sanierer bekannt ist. Dennoch erscheint die Entscheidung für Jägers nicht bei Tatò, sondern bei Mannesmann-Chef Franz Josef Weisweiler gelegen zu haben. Nach einer Aufsichtsratssitzung der Kienzle-Mutter am vergangenen Freitag, teilt die Kienzle-Pressestelle mit, sei die Ernennung Jägers am "schwarzen Brett" der Villinger Unternehmenszentrale bekanntgegeben worden. Die Kienzle-Geschäftsstellen sind indes immer noch nicht über den bevorstehenden Wechsel in der Chefetage informiert.

Der 47jährige IBM-Manager Jägers gilt als Vater der anwendungsorientierten Marketingstrategie im Bereich der Systeme /32 und /34. Im Jahre 1959 debütierte er bei den Stuttgartern in, Bereich Textverarbeitung und übernahm sechs Jahre später die Verkaufsleitung der IBM-Geschäftsstelle Frankfurt. Nach zweijährigem US-Aufenthalt in der

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Konzernzentrale avancierte er 1974 zum Leiter des "Distriktstabes DV" für den Bereich Basis-Datenverarbeitung (BD) in Stuttgart. 1976 wurde er zum Chef des BD-Vertriebes.

Mit der Neustrukturierung des IBM-Vertriebes Anfang dieses Jahres wurde Jägers zum Vertriebsleiter "Informationssysteme im Bereich Anwendungen" gemacht.

Wie von IBM-Insidern zu erfahren ist, war der BD-Manager keineswegs ein Befürworter der von der US-Mutter verordneten neuen Organisation, die die Divisionalisierung des Vertriebs aufgab - zu Lasten des ehemaligen BD-Bereichs, so die Analyse. Dies habe schließlich zu Unstimmigkeiten geführt.

Querelen mit seinen Vorgesetzten werden von Jägers indes dementiert. Ausschlaggebend für seinen Wechsel sei das attraktive Angebot der Mannesmann AG gewesen. Jägers: "Die Funktion des Kienzle-Vertriebschefs ist eine logische Weiterentwicklung meiner Karriere."

Jägers übernimmt sämtliche Aufgaben seines Vorgängers Gerd Bin(...). Als "eine Art Promotion" sieht EX-Honeywell-Bull-Mann Bindels seinen Wechsel in das bei Kienzle neugeschaffene Ressort Unternehmensstrategie: "Die Schlacht wird heute im strategischen Bereich geschlagen und nicht im täglichen Geschäft." Er habe bereits vor eineinhalb Jahren das Angebot bekommen, diesen Bereich zu übernehmen und sich schon damals dafür entschieden. Die Verzögerung erklärt der Vertriebschef damit, daß erst ein Nachfolger gefunden werden mußte.

Bindels ist überzeugt, das Feld für seinen Nachfolger optimal bestellt zu haben: "Wir gehen in das Jahr 1983 mit einem Auftragsbestand, den wir bisher noch nie hatten."

Die zukünftige Tätigkeit Bindels wird dem Vernehmen nach in der wird dem Vernehmen nach in der Ausspähung von neuem Equipment für die Kienzle-Produktpalette bestehen Wie Mitarbeiter aus der Villinger Zentrale heute sagen, sei Bindels im Grunde stets ein "Mainframe-Mann" geblieben, der mit den Mickymauscomputern von Kienzle nichts anzufangen wußte.

So wird vermutet, daß Bindels in seiner neigen Funktion Kienzle den Weg zum Jumbo-Anbieter ebnen soll - auf der PCM-Schiene. Dazu Bindels lapidar: "Eine Ente."

Die Kienzle Apparate GmbH will dem Vernehmen nach demnächst eine weitere Organisationsmaßnahme bekanntgeben, die von Beobachtern des Unternehmens als längst überfällig betrachtet wird. Demnach sollen die 15 in der Bundesrepublik selbständig agierenden Kienzle-Töchter auf sechs reduziert werden. Die verbleibenden neun sollen diesen als Zweigniederlassungen oder Geschäftsstellen zugeordnet werden. Dadurch wolle man eine Straffung der Führungsstruktur sowie kürzere Berichtswege erreichen, heißt es in der Zentrale. Auch der Kundendienst soll organisatorisch ausgegliedert und als Profitcenter zusammengefaßt werden. Für Kienzle-Kenner ist damit der Konflikt zwischen Villingen und den Statthaltern in den Niederlassungen bereits programmiert.