IBM Global Technology Services: "2007 wird unser Jahr"

20.04.2007
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Nach zuletzt schwachen Geschäften fühlt sich IBM Deutschland im Servicemarkt gut gerüstet. Das Bundeswehrprojekt "Herkules" verleiht Flügel.

IBM Deutschland hatte der weltweiten Organisation zuletzt keine guten Zahlen beschert. Im Jahresbericht des IBM-Konzerns wurde die hiesige Dependance als einzige große europäische Niederlassung mit rückläufigen Umsätzen geführt. Zwar veröffentlicht der Konzern keine detaillierten, auf einzelne Geschäftsbereiche bezogenen Umsätze pro Land, doch dürfte in Deutschland auch das Servicegeschäft, das nach dem Verkauf der PC-Sparte knapp die Hälfte zum Gesamtumsatz beisteuert, hinter dem weltweiten Wachstum zurückgeblieben sein.

Hier lesen Sie …

  • welche Probleme IBM zuletzt im Servicegeschäft hatte;

  • welche Dienste derzeit besonders nachgefragt werden;

  • warum das Herkules-Projekt so wichtig ist;

  • was mittelständische Kunden wollen.

Das Beratungshaus Detecon erwartet für das laufende Jahr ein Wachstum von elf Prozent im Servicemarkt. IBM ist pessimistischer.
Das Beratungshaus Detecon erwartet für das laufende Jahr ein Wachstum von elf Prozent im Servicemarkt. IBM ist pessimistischer.

"Das Geschäft mit Outsourcing-, Maintenance- und Projektservices lief in den vergangenen Jahren sehr verhalten. Das haben wir genauso wie unsere Wettbewerber zu spüren bekommen", räumt Rudolf Bauer, als General Manager IBM Global Technology Services für das Outsourcing in Deutschland verantwortlich, ein. Kaum besser erging es dem IT-Beratungs- und Systemintegrationsgeschäft. Die Anwender haben sich lange Zeit mit Investitionen zurückgehalten. Erst im vergangenen Jahr wurden zur Freude der Dienstleister wieder vermehrt wachstumsfördernde Projekte iniitiert.

Sparen war gestern

"Vor vier Jahren war Sparen das zentrale Thema, das die Unternehmen bewegt hat", blickt Matthias Hartmann, Leiter der deutschen Beratungs-Unit IBM Global Business Services, zurück. "Durch die Konzentration der Organisationen auf internationale Märkte gibt es nun wieder vermehrt auf Wachstum und Transformation ausgerichtete Projekte bei unseren Kunden", freut sich der Manager.

Auch die Marktforscher von Lünendonk prognostizieren für den IT-Servicemarkt starke Umsatzzuwächse in den kommenden Jahren.
Auch die Marktforscher von Lünendonk prognostizieren für den IT-Servicemarkt starke Umsatzzuwächse in den kommenden Jahren.

Im Outsourcing-Geschäft setzt IBM Deutschland große Hoffnungen in das Herkules-Projekt, das mit der deutschen Bundeswehr vereinbart wurde und zusammen mit Siemens betrieben wird. "Herkules ist ein klassischer IT-Outsourcing-Deal mit enormer Dynamik", betont Bauer. Die anfänglichen Schwierigkeiten und die lange Vorlaufzeit, die das Vorhaben benötigt hat, trüben Bauers Optimismus nicht ein. In der Böblinger Zentrale ist man fest entschlossen, Herkules zum Erfolg zu führen: "Wir werden noch in diesem Jahr beweisen, dass die Public-Prviate-Partnership funktioniert", kündigte Bauer an.

Schwieriges Behördengeschäft

Bislang haben Liaisons zwischen Behörden und IT-Dienstleistern selten gute Ergebnisse gezeigt. Auch IBM hat seinen Anteil an diversen gescheiterten Public-Private-Partnerships etwa in Leipzig und Ludwigshafen. Nicht zuletzt deshalb beobachtet die IT-Servicebranche ebenso wie die öffentliche Hand das Bundeswehr-Projekt genau. Läuft Herkules gut, könnte das Vorhaben die Hemmungen in Bund, Ländern und Kommunen, externe kommerzielle Dienstleister im Betrieb zu beauftragen, abbauen helfen. Auch für IBM Deutschland hat das Projekt große Bedeutung. Zu den finanziellen Aspekten äußert sich das Unternehmen nicht, doch auf jeden Fall hofft man auf Folgeaufträge. "Wir wollen zeigen, dass das Modell eine Option für andere Anwender der öffentlichen Hand ist", beschreibt Bauer.

Herkules hat in Deutschland schon aufgrund des riesigen Volumens von geschätzten 7,2 Milliarden Euro eine Ausnahmestellung. Auch IBMs Beratungsgeschäft profitiert von der enormen Strahlkraft. "Wir spüren eine deutlich steigende Nachfrage im Public-Sektor", berichtet Hartmann. "Herkules sorgt für einen erheblichen Schub, aber auch Projekte rund um die Gesundheitskarte, E-Government und das europäische Patentamt ziehen an." Hier sind vor allem lokale Berater gefragt, die die besonderen Anforderungen der öffentlichen Hand kennen. Grundsätzlich hat sich IBM jedoch weltweit eine neue Organisationsstruktur auf die Fahnen geschrieben, die nicht mehr sämtliche Service vor Ort bereithält, sondern sie in weltweiten Kompetenzzentren zusammenführt. Aus diesen Experten-Pools sollen sich IBMs Projektleiter, die beim Kunden vor Ort die Arbeiten koordinieren, bedienen. Im weltweiten Vergleich, das zeigt die Erfahrung aus international betriebenen Projekten, sind deutsche IT-Spezialisten durchaus wettbewerbsfähig.

Deutsche Spezialisten gefragt

Rudolf Bauer, Outsourcing-Chef bei IBM: Wir werden noch in diesem Jahr den Erfolg von Herkules beweisen.
Rudolf Bauer, Outsourcing-Chef bei IBM: Wir werden noch in diesem Jahr den Erfolg von Herkules beweisen.

"Rund zehn bis 15 Prozent meiner Mitarbeiter sind ständig in ausländische Projekte eingebunden sie bearbeiten dort keine Aufträge deutscher Kunden, sondern werden von meinen ausländischen Kollegen aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten angefordert", beschreibt Hartmann die weltweite Vernetzung. Das betrifft insbesondere SAP-Projekte: In diesem Umfeld verfügt die hiesige Dependance über viele gut ausgebildete Experten. Darüber hinaus arbeiten bei IBM Deutschland Mitarbeiter mit besonders ausgeprägtem Wissen in der Automobil- und Bankenbranche sowie in der HR-Beratung (Human Resource).

Trotz der internationalen Vernetzung kommt IBM hierzulande nicht ohne eine große Mannschaft aus. "Ich bin davon überzeugt, dass wir auch künftig eine breite Basis an Mitarbeitern in Deutschland benötigen", sagt Bauer.

Besonders wichtig ist die lokale Präsenz im Geschäft mit mittelständischen Kunden, weil sie einen Ansprechpartner vor Ort wollen. Obwohl IBM 2005 den Desktop-Service und damit einen wichtigen Kundenzugang an Bechtle verkauft hat, fühlt sich Bauer in diesem Segment gut aufgestellt. "Wir haben genügend Mitarbeiter, um in allen wirtschaftlich wichtigen Regionen und Städten gut vertreten zu sein", behauptet er. Um kleinere Betriebe angemessen unterstützen zu können, unterhält IBM eigene Mittelstandsorganisationen.

Matthias Hartmann, Leiter der IBM-Beratungssparte: Wir fühlen uns hervorragend aufgestellt. 2007 wird unser Jahr.
Matthias Hartmann, Leiter der IBM-Beratungssparte: Wir fühlen uns hervorragend aufgestellt. 2007 wird unser Jahr.

Während Großkunden noch überwiegend mit individuellen Services und Projekten versorgt werden, halten im unteren Marktsegment paketierte Serviceprodukte Einzug. Klare Definitionen der Dienstleistungen etwa in Preis, Leistungsumfang, Qualität und Systemvoraussetzungen sollen die Transparenz verbessern und mittelständische Kunden bewegen, mehr Services externen Dienstleistern zu übertragen. "Serviceprodukte so zu kombinieren, dass sie den individuellen Anforderungen der Kunden genügen darin sehe ich ein großes Potenzial", freut sich Bauer. In diesem Segment rückt IBM von seinem Alleinvertretungsanspruch ab und kooperiert mit Partnern. Lokale Systemhäuser können die IBM-Service-Produkte verkaufen und mit eigenen Integrationsleistungen anreichern.

So gerüstet schauen die Manager des deutschen Servicearms von IBM entspannt in die Zukunft. Erschrecken lassen sie sich allenfalls von den sehr optimistischen Prognosen einiger Marktforscher. Das Beratungshaus Detecon hatte kürzlich beispielsweise für den gesamten IT-Servicemarkt ein Wachstum von elf Prozent vorhergesagt, kurze Zeit später bestätigte Lünendonk die schnelle Expansion im deutschen Servicegeschäft. "Wachstum im zweistelligen Prozentbereich halte ich in einem so reifen Markt wie Deutschland für sehr herausfordernd", kommentiert Bauer. Auch Beratungschef Hartmann hält die Zahlen für zu hoch. "Die mir bekannten Prognosen sagen dem Markt für Management-Beratung, Systemintegration und Applikationsservices ein Wachstum von 3,5 Prozent voraus. Wir fühlen uns hervorragend aufgestellt, diese Vorhersage zu übertreffen. 2007 wird unser Jahr."