Deutsche Bank bekommt neuen IT-Vorstand

IBM-Geschäftsführer ohne Kompetenzen: Lamberti geht

02.10.1998

Lamberti soll künftig als Nachfolger von Michael Endres im Vorstand der Deutschen Bank die informationsstrategischen Fäden ziehen. Offiziell mag dies allerdings niemand vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung der Banker am 28. Oktober bestätigen.

Dennoch gilt als ausgemacht: Der seit 1984 in IBM-Diensten stehende Manager übernimmt zum 1. November die Position des Vorstands für "Transaction Services" beim Frankfurter Geldhaus, während sich Endres in den Ruhestand zurückzieht. Zu Lambertis Aufgaben zählen unter anderem Organisation und Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs sowie alle damit verbundenen Dienstleistungen. Ob Lamberti auch andere Ämter übernimmt, bleibt abzuwarten - Endres bekleidet auch das Ressort Recht und betreut die Regionen Süd, Südosteuropa und Israel.

Der deutsche IBM-Chef hat nur wenig zu melden

Alle Interpretationen, warum sich Lamberti aus der IBM-Spitze zurückzieht, zielen in dieselbe Richtung: Der Job als regionaler Statthalter beim weltweit größten IT-Konzern ist vom Management-Standpunkt her reizlos geworden. Alle Weichen werden in den USA gestellt, die Verantwortlichen in den Ländern haben kaum Einfluß auf strategische Entscheidungen - sogar die Umsatzverantwortung liegt Presseberichten zufolge nicht bei ihnen.

Die IBM hat seit einiger Zeit die weltweite Organisation vertikal und länderübergreifend ausgerichtet. Im Vertrieb haben die Industry Solution Units das Sagen, die von internationalen Managern geleitet, aber stark von der Armonker Zentrale gelenkt werden. Ähnliches gilt für den Servicebereich, während der technische Support - ebenfalls übergreifend - nach Produktgruppen organisiert wird.

"Nach der Restrukturierung der Organisation hat der erste Vorsitzende der Holding und der IBM Informationssysteme GmbH nur noch wenig Kompetenzen", berichtet ein Mitarbeiter des Unternehmens. Die Manager vertikaler Geschäftseinheiten organisierten übergreifend, fachliche Entscheidungen fielen in den USA und würden über die "verticals" weitergegeben. Weitreichende Beschlüsse, wie etwa die über den Verkauf der Global Networks, würden allein in Armonk gefällt. Sie riefen Konfusion und Verärgerung bei den schlecht informierten Landesgesellschaften hervor.

Wolfgang Trittin, als IG-Metall-Vertreter im Aufsichtsrat der IBM, beobachtet ebenfalls den rapide schwindenden Einfluß der Landesgesellschaften. "Die Zentralisierung nehmen die Mitarbeiter überall wahr. Sie merken, daß kaum noch Entscheidungen aus Stuttgart kommen und alle Beschlüsse in London, Paris oder den USA gefällt werden. Der Einfluß der deutschen Gesellschaft ist stark gesunken." Trittin kann sich vorstellen, daß IBM sofort eine europäische Aktiengesellschaft mit einem einzigen Hauptsitz - vermutlich in Paris - bilden wird, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen sind. Noch unklar sei, ob der neue Mann Erwin Staudt aufgrund seines Vorsitzes einer Industry Solutions Unit mehr Einfluß haben werde als Lamberti.