Entlassungen rütteln Server-Vertrieb aus dem Schlaf

HP-Chefin Fiorina kehrt mit eisernem Besen

08.10.1999
MÜNCHEN (CW) - Nur wenige Wochen im Amt, hat Carleton Fiorina, neuer Chief Executive Officer (CEO) von Hewlett-Packard (HP), weitreichende Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt. Analysten verziehen der HP-Chefin deshalb die reduzierten Umsatzprognosen für das vierte Quartal (Ende: 29. Oktober 1999).

HP leidet derzeit unter schwachen Verkaufszahlen im amerikanischen Server-Geschäft - insbesondere die neue N-Klasse bringt bisher nicht die erwarteten Einnahmen. Außerdem beeinträchtigen die vom Erdbeben betroffenen Zulieferer aus Taiwan die ansonsten gesunde PC-Produktion des Konzerns.

Wie die frisch gekürte Unternehmenssprecherin bei ihrem ersten Zusammentreffen mit US-Analysten erklärte, liegt HPs Umsatzwachstum zwar wie angekündigt zwischen zehn und 13 Prozent, allerdings sei die kleinere Zahl wohl näher an der Realität. Die Ergebnisprognose von 99 Cent je Aktie hielt sie aufrecht. Dennoch stuften vorsichtige Analysten ihre Gewinnerwartung um bis zu drei Cent zurück.

Fiorina kehrt bei HP mit eisernem Besen. Unzufrieden mit den Leistungen der amerikanischen Verkäufer im Server-Business, entließ sie einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge 250 Mitarbeiter aus dem Vertrieb oder verschob sie in andere Abteilungen. Erklärtes Ziel der ehemaligen Lucent-Managerin ist es, den schwächelnden Verkauf wieder auf Vordermann zu bringen, um gegen die Wettbewerber Sun Microsystems und IBM Rückstände aufzuholen. Dafür schien ihr das amerikanische Sales-Team mit einem Durchschnittsalter von über 50 Jahren offenbar nicht mehr frisch genug - auch wenn Fiorina sich klarzustellen beeilte, das Alter spiele für sie keine Rolle.

Die HP-Chefin führte gegenüber den Analysten aus, die Mannschaft habe ihre Verkaufsziele nicht erreicht, weil die Gehälter zuwenig leistungsbezogen gewesen seien. Ab dem 1. November soll mindestens die Hälfte der Vergütung, in einigen Fällen sogar bis zu 90 Prozent, von der Verkaufsleistung abhängig gemacht werden.

Fiorina will die anstehenden Restrukturierungsaufgaben möglichst schnell bewältigen, um die Mitarbeiter nicht zu lange über die künftige Ausrichtung des Konzerns im unklaren zu lassen. Zu den wichtigsten Entscheidungen gehört die Neuaufstellung der Führungsriege sowie die Reorganisation des Rechner- und des Druckergeschäfts, die jeweils in einer einzigen Division konzentriert werden. Das Computergeschäft leitet künftig der bisherige PC-Verantwortliche Duane Zitzner. Speichertechnologie und der Softwaresektor werden ebenfalls diesem Bereich zugeschlagen. Einem Bericht des Branchendienstes "Computergram" zufolge beabsichtigt Fiorina, diese Division im Bereich Software und Services durch Zukäufe zu verstärken.

Die bisher separat geleiteten Abteilungen Tintenstrahl- und Laserdrucker wurden ebenfalls zusammengeführt. President dieser Division wird Carolyn Ticknor, bisher ausschließlich für das schneller wachsende Laserprinter-Business verantwortlich.

Eine Schlüsselposition im Konzern wird außerdem Ann Livermore einnehmen, die lange als heimliche Anwärterin auf die Position des CEO gegolten hatte. Sie ist nicht nur für HPs gesamte Internet-Strategie - insbesondere für die sogenannten E-Services - verantwortlich, sondern auch für das Servicegeschäft und für die Betreuung der 100 größten Kunden. Diese waren HP in letzter Zeit teilweise untreu geworden, weil die Kundenansprache aus den verschiedenen Abteilungen zu uneinheitlich war.