Steigende Umsätze trotz fallender Preise:

Hersteller gehen Mikromarkt aggressiver an

26.08.1983

Desktop- und Personal Computer sind Variationen desselben Grundproduktes, definiert das DV-Marktforschungsunternehmen Yankee-Group. Sie unterscheiden sich demnach in ihren Anwendern und Anwendungen sowie ihrer Technologie, nicht aber in ihren Marketing- und Vertriebsmethoden.

Heim- und Personal Computer definiert die Yankee-Group nach folgenden Kriterien:

- Sie kosten weniger als 1000 Dollar, die meisten Leute können sich kein entsprechendes Gerät erlauben, wenn es teurer ist.

- Sie sind verbraucherorientiert und werden in Konsolenform verkauft. Die Konsole eines Heimcomputers enthält den Prozessor und die Tastatur.

- Stardard-Interfaces schließen die Konsole an einen Fernseher oder einen Monitor, an ein Kassettenlaufwerk oder ein Diskettenlaufwerk oder an andere periphere Geräte.

- Die Software ist ausgerichtet auf Unterhaltung, Lernprogramme oder persönliche Geschäftsdaten.

Desktopcomputer hingegen sind nach der Definition der Yankee-Group kommerziell orientierte Mikros. Die Systempreise bewegen sich zwischen 1000 Dollar und 10 000 Dollar, sieht man einmal von den Druckern ab. 1981 kostete das durchschnittliche kommerzielle Mikrocomputersystem 3800 Dollar, enthielt einen 8-Bit-Mikroprozessor, 64 KB Speicher zwei Floppylaufwerke, einen einfarbigen Bildschirm sowie Interfaces, um Drucker, Plattenlaufwerke, zusätzliche Floppylaufwerke oder Modems anzuschließen. Desktop-Computer können in einer höheren Programmiersprache programmiert werden; Software, die für kommerzielle Anwendungen geschrieben wurde, ist im allgemeinen sofort auf ihnen lauffähig.

Die Desktop-Computer-Preise fallen konstant mit etwa 16 Prozent jährlich. Die Yankee-Group erwartet den durchschnittlichen Systempreis, der 1981 noch 3800 Dollar betrug, 1986 bei etwa 1800 Dollar. Außerdem wird der 1986er Preis einen 16- oder 32-Bit-Mikroprozessor beinhalten 1 MB RAM und zusätzlich Read-Only-Memory, Floppylaufwerke mit weit höheren Speicherkapazitäten, hochauflösende Farbmonitore, eingebaute Modems, Standard-Ein-/Ausgabe-Interfaces und eine Tastatur.

Die US-Desktop-Computerumsätze wachsen mit etwa 40 Prozent jährlich. Daraus läßt sich ableiten, daß die 2,31 Milliarden Dollar Umsatz aus dem Jahre 1981 bis 1986 einen Wert von 12,6 Milliarden Dollar erreicht haben werden. Die Stückzahl der Auslieferungen wird jährlich um etwa 63 Prozent wachsen, von 609 000 im Jahre 1981 auf mehr als das Elffache im Jahre 1986: 6,994 Millionen. Danach wird die Zuwachskurve allmählich auf etwa 30 Prozent abflachen, da sich gleichzeitig die Preise stabilisieren und der Wettbewerb nachläßt.

Auslieferungen nach Übersee (aus amerikanischer Sicht) überschreiten nach Auffassung der Yankee-Group diese 30-Prozent-Marke, da viele japanische und europäische Hersteller gerade erst in das Geschäft einsteigen. Diese überseeischen Hersteller legen vor allem ein aggressiveres Marktverhalten an den Tag, soweit es die Ausbeutung der Märkte in Afrika, Südamerika, Europa und Asien angeht. Nordamerikanische Hersteller werden diese Märkte aufgrund eines intensiven japanischen und internationalen Wettbewerbs aufgrund instabiler politischer Verhältnisse und aufgrund immer stärker werdender Importrestriktionen voraussichtlich verlieren. Jetzt schon ist die Apple Computer Inc. in Schwierigkeiten auf den südlichen Märkten gekommen, wo eine Flut von billigen Kopien unter 500 Dollar den Markt zu überschwemmen droht. Insgesamt werden die weltweiten Desktop-Computer-Auslieferungen dramatisch bis 1986 wachsen. 836 000 Einheiten stehen dann annähernd 10,7 Millionen Einheiten gegenüber. Diese 66prozentige Zuwachsrate wird sich im Umsatz mit jährlichen 44 Prozent niederschlagen.

Der Desktop-Markt ist eine Mischung von lustigen Namen (wie "Apple"), beinhartem Wettbewerb und schließlich auch dem großen Geld. Während die großen, etablierten Computerfirmen sich früher vom Desktop-Geschäft fernhielten, wurde ihr Interesse richtig geweckt, seit die Verkäufe der teuren Mainframes und Minicomputer nachließen.

Darüber hinaus konnten die Desktop-Computer trotz starker Wirtschaftsrezession im Gegensatz zu anderen Computertypen bestens verkaufen. Obwohl die Gewinnspannen relativ niedrig waren, machten die entsprechenden Hersteller ihre Umsätze durch große Stückzahlen und Einschränkungen in den Supportleistungen.

All dies zog schließlich auch das Interesse der sogenannten "großen Jungs" auf sich. Apple hieß IBM mit waghalsigen Anzeigen im Wall Street Journal und der New York Times im Markt willkommen. Bei Apple tat man das insbesondere, weil man glaubte, daß IBM diesem Markt Seriosität verleihen würde. Seitdem haben Unternehmen wie Digital Equiment Corporation, Wang Laboratories, Burroughs Corporation, NCR und andere nachgezogen.

Wachsender Wettbewerb von IBM, DEC und anderen wird den Markt kaum einschränken, sondern eher stimulieren. Nachdem sich der Desktop-Computer von seinen "Hobby"-Quellen fortbewegt, ist die Auswirkung auf gegenwärtige und zukünftige Hersteller unterschiedlich. Apples enthusiastisches "Willkommen" an IBM wird nur kurz überleben; man beginnt bereits jetzt, mit IBM auch um den beschränkten (..)gerplatz beim Einzelhändler, um (..) wenigen guten Programmierer und um das IBM-orientierte DV-Management zu kämpfen.

Tandys starkes Vertriebsnetz und seine diversifizierte Produktpolitik dürften von den großen Computerfirmen am wenigsten angreifbar sein, wenigstens in den USA. Hier stellt sich statt dessen der Ruf des Unternehmens als Problem dar, dem man sowohl durch die Modellbezeichnung Trash 80 als auch durch ein schwaches erstes Produkt, das Modell 16, selbst geschadet hat. Letzterem fehlt es immer noch an einem Multi-User-Betriebssystem, obwohl das Gerät mit dem 68 000-Prozessor von Motorola arbeitet.

In bezug auf den Preis führt Commodore die Hersteller an - mit dem C 64, dem BX256 und dem B128 hat das Unternehmen Personal- und Desktop-Preise in ein neues Tief gefü(...) Commodores größte Probleme sind dabei der Mangel an Software und das Vertriebsnetz. Alle neuen Commodore-Produkte werden CP/M-Karten im Angebot haben: Das verringert Commodores eigene Softwareprobleme beträchtlich. Obwohl man damit Zugriff zu Tausenden von bereits existierenden Programmen hat, will Commodore nur etwa 50 davon unterstützen.