Gnome: Eine Basis für einheitlichen Linux-Desktop?

04.07.2002
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Tatsächlich bieten sowohl Gnome als auch KDE derartige Mechanismen an, beschreiten dabei aber erwartungsgemäß verschiedene Wege. Während KDE mit „Kparts“ ein leichtgewichtiges Komponentenmodell bevorzugt, setzt Gnome mit „Bonobo“ auf Corba. Interessanterweise nutzten beide Teams anfangs Corba, und zwar auf Basis des freien Object Request Brokers (ORB) „Mico“. Dieser erwies sich für die Nutzung am Desktop als nicht ausreichend leistungsfähig. Das KDE-Team wandte sich mit der Version 2 des Desktops seinem proprietären Modell zu, während die Gnome-Entwickler mit „Orbit“ einen ORB gemäß ihren eigenen Ansprüchen schrieben.

Da Gnome- und KDE-Anwendungen auf dem jeweiligen Konkurrenz-Desktop lauffähig sind, dürfte im Wettrennen um die Gunst der Linux/Unix-User die bloße Zahl der jeweils verfügbaren Programme wohl kaum den Ausschlag geben. Eher könnte mittelfristig der Wunsch von Anwendern nach kooperierenden Applikationen zumindest bei der Infrastruktur eine Entscheidung zu einem Modell herbeiführen. Betrachtet man Anwendungen, denen gerade im Unternehmenseinsatz eine Schlüsselposition zukommt, dann scheint Gnome hier in einer günstigeren Position zu sein.

Der Groupware-Client Evolution könnte sich als eine Schlüsselanwendung für den Gnome-Desktop entpuppen. Besonders der Exchange-Connector macht ihn für den Einsatz in Unternehmen interessant.

Zu diesen „Killerapplikationen“ zählt möglicherweise der Groupware-Client „Evolution“, der neben E-Mail-Funktionen auch einen Kalender sowie ein Adressbuch umfasst und dank eines separaten Exchange-Konnektors als Client für Microsofts Messaging-System fungieren kann. Noch stärker könnte sich die Entscheidung von Sun Microsystems zugunsten von Gnome auswirken. Das unter Linux/Unix führende Büropaket Star Office nutzt zwar ein weiteres proprietäres Komponentenmodell namens Universal Network Objects (UNO), kann aber dank eines vorhandenen Adapters von Bonobo-Anwendungen als ihresgleichen angesprochen werden. So ließe sich etwa über Zuordnung des Mime-Typs „application/msword“ zu Open/Star Office erreichen, dass an Mails angehängte Word-Dokumente innerhalb von Evolution mit Suns Textverarbeitung geöffnet werden.

Vorerst keine mustergültig aufeinander abgestimmte Anwendungssuite repräsentiert „Gnome Office“. Die meisten Programme stammen ursprünglich von anderen Projekten und werden nachträglich auf die Gnome-Infrastruktur abgestimmt. Im Prinzip versammeln sich unter diesem Etikett alle wesentlichen Desktop-Programme, die der GNU Public Licence (GPL) unterliegen. Immerhin findet sich dort auch das weit verbreitete Grafik-Tool „Gimp“, das mittlerweile Bonobo-fähig ist.