Frauen in der IT

"Girly Geeks" brauchen Ausdauer und Humor

10.11.2010
Auf Entwicklerkonferenzen der IT-Branche sind Männer meist unter sich. Die Gründe liegen in traditionellen Rollenmustern.

Wie man diese aufbrechen kann, demonstrierte ein Forum über "Women in Technology" auf dem Microsoft-Kongress TechEd Europe, der noch bis Freitag in Berlin stattfindet. Der digitale Graben hat viele Abgründe. Einer ist die "Gender Gap", die Kluft zwischen Männern und Frauen in der Informationstechnik. Um diese zu überwinden, brauchen Frauen Ausdauer und eine gehörige Portion Humor, wie fünf Informatikerinnen auf einem Diskussionsforum über Frauen und Technologie im Rahmen der Microsoft-Konferenz TechEd Europe in Berlin deutlich machen.

"Um als Frau in der IT-Branche anerkannt zu werden, muss man doppelt so hart arbeiten wie ein Mann", sagt die amerikanische Windows-Expertin Rhonda Layfield. "Das ist meine Erfahrung aus 28 Jahren in diesem Beruf."

Die IT-Expertinnen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Polen und den Niederlanden sind überzeugt, dass die Geschlechterklischees noch nicht überwunden sind: "Mädchen bekommen immer noch eine Barbie-Puppe und keinen Computer", sagt Layfield. Die niederländische IT-Unternehmerin Freena Eijffinger berichtet von sexueller Anmache, die polnische IT-Sicherheitsexpertin Paula Januszkiewicz über berufliche Schwierigkeiten von Kolleginnen bei einer Schwangerschaft. Eine Teilnehmerin im Publikum sagte: "In der IT-Branche wird 150-prozentige Verfügbarkeit verlangt. Mit Familie ist das nicht möglich."

Im Berufsalltag sehen sich die "Girly Geeks" immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert. Auf ihren Seminaren, so berichtete Januszkiewicz, werde sie meist erst mal misstrauisch von ihren männlichen Schülern beäugt oder gar infrage gestellt. Ihre persönliche Strategie: "Das ignoriere ich einfach." Layfields Rat: "Da hilft eine gesunde Portion Humor." Die in England tätige IT-Beraterin Claudia Woods resümiert, langfristig werde sich nur etwas ändern, wenn beide Seiten bereit seien zu lernen, Männer wie Frauen. So seien Frauen oft zu zurückhaltend. "Ihr müsst auch mal aus euch rausgehen und den Mund aufmachen", ruft Woods den Teilnehmerinnen der Entwicklerkonferenz zu.

Angaben zum Frauenanteil der rund 7500 TechEd-Besucher macht Microsoft nicht. Hinter den Kulissen ist zu hören, der Prozentsatz sei so gering, dass man ihn nicht veröffentlicht sehen möchte. Schließlich kümmert sich Microsoft gezielt um die Förderung von Frauen im eigenen Unternehmen und erklärt: "Mit einer Frauenquote von etwa 26 Prozent liegt Microsoft über dem deutschlandweiten Durchschnitt in IT-Berufen, der 2009 bei 21 Prozent lag."

IT-Beraterin Layfield, die inzwischen eine eigene Firma führt, betont: "Technologie macht Spaß, und da gibt es gewaltige Möglichkeiten." Auch in Deutschland klagt die Branche Jahr für Jahr über einen Mangel an Fachkräften und angehenden Informatikern. Aber der Frauenanteil bei den Auszubildenden in IT-Berufen beträgt nach Angaben des Fachverbands BITKOM lediglich neun Prozent, in der Informatik sind es 10,9 Prozent.

Der Trend allerdings macht den Initiativen gegen die "Gender Gap" Mut: In der Informatik seien die Studentinnenzahlen zuletzt um 13,2 Prozent gestiegen, sagt die Leiterin der Geschäftsstelle für den Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen, Susanne Witteriede. "Für Frauen gibt es jetzt eine Situation, in der sich tolle Chancen in spannenden Zukunftsberufen bieten", sagt Witteriede im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Sie müssen diese Chancen nur nutzen." Das Projekt für Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist eine Initiative des Bundesbildungsministeriums.

Layfeld empfiehlt Interessentinnen, tough zu sein: Frauen, die sich für einen IT-Beruf interessierten, sollten keine Zeit mit Frauenzeitschriften verbringen, sondern technische Handbücher studieren. In ihrer eigenen Familie hat Rhanda Layfield allerdings kein Gehör gefunden: "Ich habe es nicht einmal geschafft, meine eigene Tochter zur IT zu bringen." Die 21-Jährige will lieber als Krankenschwester arbeiten. (dpa/tc)