Gemeine Vetternwirtschaft?

27.11.1987

Der DV-erfahrene BfG-Datenchef Eberhard Elsässer hat sich viel vorgenommen (Seite 1). Mit einer neuen Organisation will er die Bank für Gemeinwirtschaft auf schlank trimmen. Es seien ausschließlich wirtschaftliche Überlegungen, die ihn leiteten, betont der Rationalisierer. Sicher ist etwas dran an Elsässers Verdacht, der DV-Apparat der BfG sei aufgebläht. "Dezentralisierung" heißt das Zauberwort des Info-Managers - die Lösung "IBM". Und da beginnen Marktkenner stutzig zu werden.

Warum sich Eberhard Elsässer für die Umrüstung der BfG von Honeywell-Bull- auf IBM-Equipment stark macht, glauben Branchenbeobachter aus der Vergangenheit des DV-Strategen ableiten zu können: Der Computer-Profi Elsässer hatte einst bei der IBM Deutschland gedient und später als Geschäftsführer des Hamburger Softwarehauses SCS so manchem großen IBM-Kunden aus der Projekt-Patsche geholfen. Seine ersten BfG-Erfahrungen machte Elsässer als Berater.

Elsässers Argumente für die IBM-Lösung sind im Moment nicht zu widerlegen. Im Idealfall werden sich die DV-Ausgaben bei der Bank für Gemeinwirtschaft auf einem niedrigeren Niveau einpendeln, ohne daß die Informationsqualität leidet. Mit dem Herstellerwechsel - das weiß natürlich der DV-Berater Elsässer - ist aber auch ein klitzekleines Risiko verbunden: daß nämlich der Berater Elsässer dem Vorstand Elsässer gegenüber in der Beweispflicht steht. Eine Erfolgsgarantie gibt es bekanntlich nicht. Was für die IBM gut ist - das weiß natürlich der Vorstand Elsässer -, muß nicht immer gut für den Kunden sein.

Bleibt die (rein hypothetische?) Frage, wer wohl wem Beine macht, wenn sich der Umstellungsnutzen wider (Elsässer-)Erwarten nicht nachweisen läßt. Aber wer wird denn schon so pingelig sein? Und für das Grobe - Honeywell-Bull, NCR, ICL, Unisys, Control Data oder sonstige Nicht-IBM-Anbieter rauszuschmeißen - gibt es schließlich unabhängige DV-Berater. Wenn allein die frühere Zugehörigkeit zu Big Blue Anlaß gäbe, an der Neutralität von Consultern zu zweifeln - und wenn von den Anwendern daraus Konsequenzen gezogen würden -, so hätte das fatale Folgen für die gesamte DV-Vetternwirtschaft: Die meisten Softwarehäuser müßten dichtmachen.

Dann könnten aber auch viele DV-Shops bei den Anwenderfirmen ihre Produktionsfunktion, was die Software-Entwicklung betrifft, nicht mehr erfüllen. Es ist denn auch für alle Betroffenen klar, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, daß man nämlich, wenn der IBM-Weg der falsche wäre, keine Alternative hätte.

Da ist die Ironie: Was getarnt werden soll - die Abhängigkeit vieler Softwarehäuser und DV-Beratungsunternehmen von der IBM -, wird ganz offen als Vorteil für den Klienten deklariert. "Wir sind Vertriebspartner der IBM", so werben sie, die "unabhängigen" Softwarefirmen - ohne blau-rot zu werden. Kritik an der IBM ruft dann ausgerechnet diejenigen auf den Plan, die nur vorgeben, sich um das Wohl der Anwender zu sorgen.

Beispiel SAP (siehe nebenstehenden Leserbrief): Die Walldorfer vergeben sich doch nichts, wenn sie Roß und Reiter nennen ("Vertriebspartner der IBM"). Oder sollte dies doch, ein Punkt sein, der Schmerzen bereitet?