"Firewalls muessen gepflegt werden"

27.04.1995

CW: Wie erklaert sich Ihrer Meinung nach der unglaubliche Boom des Internet?

Patrick: Ich denke, das liegt zum einen an dem Verlangen der Menschen, mit Freunden oder mit Leuten gleicher Interessen zu kommunizieren, und zwar auch auf Reisen. Zudem gibt es seit der Entwicklung des World Wide Web und des Mosaic-Browser die Moeglichkeit, Informationen auf den Computern der Welt zu suchen, ohne ein Unix-Programmierer sein zu muessen. Ganz entscheidend hat sicherlich auch die Kostenreduktion bei Modems und der Kommunikationstechnik sowie deren Weiterentwicklung dazu beigetragen.

CW: Kommunizieren und Informationen suchen hoert sich sehr nach Unterhaltung an. Was bringt das Internet dem professionellen Anwender?

Patrick: Via E-Mail kann er sich mit Kunden, Herstellern, Geschaeftspartnern oder Aktienbesitzern austauschen. Zudem entwickelt sich die Moeglichkeit der Marketing-Praesenz im WWW. So koennen Hersteller ueber eigene Dienstleistungen, Produkte und ihr Unternehmen informieren.

CW: Noch gibt es allerdings eine ganze Reihe von Sicherheitsproblemen. Anwender mit Zugang zum Internet bieten Hackern auch immer einen Weg ins eigene lokale Netz und somit Zugriff auf kritische Daten.

Patrick: Dieses Sicherheitsproblem ist ein Mythos. Mit der Firewall-Technik existiert bereits eine Loesung, die dem Problem begegnet. Firewalls sind Server, die wie eine Mauer arbeiten. Personen innerhalb der Mauer koennen zwar heraus, User ausserhalb koennen sich jedoch nicht ins Netz einloggen oder auf Geschaeftsdaten zugreifen.

CW: Aber koennen Firewalls 100-prozentige Sicherheit bieten?

Patrick: Firewalls muessen richtig installiert und dann vernuenftig verwaltet werden. Die meisten Sicherheitsverletzungen entstehen innerhalb der Mauer oder dann, wenn bestimmte Verfahrensweisen nicht eingehalten werden. Gepflegte Firewalls sind alles in allem sicher. Anwender sollten sie jedoch regelmaessig testen, warten und verbessern.

CW: IBM bietet mit dem Global Network eine Alternative zum Internet. Welche Kunden adressieren Sie mit dem Dienst?

Patrick: Das IBM Global Network ist ein weltweites Multiprotokoll- Netz mit Dial-up-Moeglichkeiten zum Internet und Zugriff auf Mietleitungen. Entstanden ist es in verschiedenen Laendern, wo grosse Kunden Netze mit hohen Bandbreiten zu Datenzen-

tren benoetigten. Im letzten Sommer wurden die einzelnen mehr als 100 Netze zu einer einzigen Infrastruktur verbunden. Grossen Kunden mit einem Bedarf an hohen Bandbreiten bieten wir das Netz als eine globale Infrastruktur an, aber auch fuer den Consumer-Markt offerieren wir Einwaehlknoten zum Internet.

CW: Wie viele Kunden haben Sie derzeit?

Patrick: 25000 Geschaeftskunden mit mehr als zwei Millionen Anwendern nutzen das Netz. Hinzu kommt der Consumer-Markt, dort ist die Zahl schwer einzuschaetzen, es duerften jedoch einige zehntausend sein.

CW: Passieren auch kritische Daten das Netz?

Patrick: Kunden, die eine garantierte Bandbreite und den Schutz ihrer privaten Daten wollen, also auch Geschaeftsdaten verschicken, werden weiterhin dedizierte Netze betreiben. Das IBM Global Network ist sowohl ein privates wie auch ein oeffentliches Netz. Eines Tages werden sicherlich uebertragungskritische Daten im Internet ausgetauscht. Dazu wird an einem Verfahren gearbeitet, das sich

"IP-Tunneling" nennt und eine direkte Point-to-point-Verbindung herstellt.

CW: Die erweiterte Version des OS/2 Warp kommt mit einer Internet- Verbindung. An wen richtet sich dieses Angebot?

Patrick: An den Consumer-Markt, denn auch diese Kundschaft hat ein grundlegendes Beduerfnis, das Internet zu nutzen, beispielsweise fuer E-Mail - fuer diese Klientel eine sehr aufregende Technik, weil sie Moeglichkeiten zur weltweiten Kommunikation bietet. Ueber das IBM Global Network haben OS/2-Anwender einen Zugang zum Internet.

CW: Ist es nicht gefaehrlich, OS/2-Anwender und Geschaeftskunden zu mischen und ueber ein gemeinsames Netz kommunizieren zu lassen?

Patrick: Das ist kein Problem, denn die Geschaeftskunden sind durch Firewalls geschuetzt und durch diese Mauer mit dem Internet verbunden. OS/2-User kommen da nicht durch.

Mit John Patrick, Vice-President des IBM-Geschaeftsbereichs Internet Applications, sprach CW-Redakteur Joachim Hackmann.